Der Leitaufsatz zum Umschlagbild 3
wird genau festgelegt, welche Aufgaben der
Landrat wahrzunehmen hat. Sie waren u. a.:
Aufrechterhaltung der Landesgrenze, Aufsicht
über die Polizeigefängnisse,
Aufsicht über
die einzelnen Gemeinden
und deren Haushalt,
Aufsicht über die
Zünfte, Mitwirkung bei
der Aufnahme von Juden,
Mitwirkung in Kirchen-
und Schulangelegenheiten
sowie
Mitwirkung in allen polizeilichen
Angelegenheiten
(Sicherheits- und
Sittenpolizei, Straßenund
Wasserbau, Handel
und Gewerbe sowie Armenpflege).
In der Auseinandersetzung
zwischen Preußen und Österreich um
die Vorherrschaft in Deutschland hatten beide
hessischen Staaten auf die falsche Karte gesetzt
und Österreich unterstützt. Preußen ging
aus dieser Machtprobe als Sieger hervor, u. a.
verlor Kurhessen seine Selbständigkeit durch
Gesetz vom 20. September 1866 und wurde
für immer mit der preußischen Monarchie
vereinigt. Aber auch das Großherzogtum Hessen
gehörte zu den im Kriege 1866 besiegten
Staaten, blieb aber als eigener Staat erhalten
und damit selbständig, jedoch unter großen
Einschränkungen. Nach Artikel 14 des Friedensvertrages
zu Würzburg vom 3. September
1866 musste Hessen u. a. 3 Millionen Gulden
zahlen und den Kreis Biedenkopf mit dem Bezirk
Rodheim (bis dahin Kreis Gießen) an Preußen
abtreten. Bereits am 14. September 1866
wurde dem Kreisamt in Biedenkopf die Besitzergreifung
durch den König von Preußen
angekündigt. Am 17. September 1866 verabschiedete
sich Großherzog Ludwig IV. von
seinen Untertanen. In einer Bekanntmachung
vom 30. Oktober 1866
wurde es allen Beamten
und Bediensteten
freigestellt, in preußische
Dienste überzutreten.
Durch Patent
vom 12. Januar 1867
ergriff dann der König
von Preußen Besitz von
den ehemaligen hessischen
Landesteilen. Am
4. Februar 1867 erfolgte
in Biedenkopf durch
den Zivilkommissar
Freiherrn von Patow
im Namen König Wilhelms
I. die förmliche
Übernahme des Hinterlandes
in das Gebiet Preußens. Alle Geistlichen
und Staatsdiener waren nach Biedenkopf
geladen worden. Sie versammelten sich
im Realschulgebäude; dann schritten sie in
feierlichem Zug auf den Marktplatz. Hier verlas
Landrat von Briesen das Einverleibungspatent
des Königs von Preußen vom 12. Januar
1867 und die Proklamation an die neu
Annektierten. Anschließend hielt Freiherr von
Patow eine Rede, in der er u. a. erklärte: „Das
Hinterland wird unter Preußen ein Vorderland
werden.“
Zunächst war im Hinterland keine große
Liebe oder Zuneigung zu Preußen zu spüren,
trotzdem sind im Laufe der Zeit auch die Bewohner
dieses Raumes gute Preußen geworden,
allerdings immer in zäher Anhänglichkeit
an ihrem Volkstum mit seiner besonderen
Tracht und Sprache, seinen Sitten und Gebräuchen.
Grenzschild Preußen: nach 1866. Gusseisen,
Holz (Nachbildung). Hinterlandmuseum
Schloss Biedenkopf Inv.-Nr. 474
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