4 Der Leitaufsatz zum Umschlagbild
An der Spitze der Verwaltung der besetzten
Gebiete standen zuerst Zivilkommissare
der preußischen Militärbehörden. Durch die
preußische Verordnung vom 22. Februar 1867
wurden die beiden Regierungsbezirke Kassel
und Wiesbaden gebildet. Der Regierungsbezirk
Kassel gliederte sich in 23 Kreise, darunter die
Kreise Marburg, Kirchhain und Frankenberg
mit dem alten hessisch-darmstädtischen Kreis
Vöhl. Der Regierungsbezirk Wiesbaden wurde
in 12 Kreise eingeteilt, darunter der Kreis Biedenkopf,
zunächst unter dem Namen Hinterlandkreis.
Durch einen Ministerialerlass vom
12. August 1867 erhielt der Kreis aber wieder
seinen alten Namen „Kreis Biedenkopf“. Aus
beiden Regierungsbezirken wurde am 22. Februar
1867 die preußische Provinz Hessen-
Nassau gebildet mit der Provinzialhauptstadt
Kassel. Die Zuteilung des Kreises Biedenkopf
an den Regierungsbezirk Wiesbaden erfolgte
aufgrund eines Gutachtens des Kreisamtsverwesers
Mayer, der ab 1. September 1866
die Verwaltung des Kreises Biedenkopf übernommen
hatte. Das Gutachten behandelte die
Anschlussmöglichkeiten an Nassau, Kurhessen
und Westfalen. Aus rechtlichen Gründen
wurde ein Anschluss an Westfalen nicht befürwortet,
ein Anschluss an Kurhessen bzw.
dem jetzt preußischen Regierungsbezirk Kassel
schied ebenfalls aus, man verwies auf die
großen Unterschiede in der Landwirtschaft.
In dem ehemaligen Kurhessen war Landwirtschaft
bzw. Getreideanbau auf geschlossenen
Gütern an der Tagesordnung, während es im
Kreis Biedenkopf noch das System der Güterteilung
mit kleinerer Landwirtschaft gab. Die
Industrie dagegen bildete wie auch in Nassau
im Hinterland den Haupterwerb, ein ausschlaggebender
Punkt für die Zuweisung zum
Regierungsbezirk Wiesbaden. Mayer betont
in seinem Gutachten, dass die Sympathien
der Bevölkerung eindeutig sich dem Süden
zuneigten, die Industrie des Hinterlandes in
engster Verbindung mit der in Nassau (Dillenburg)
stehe, auch das ein Punkt für die Zuweisung
zum Regierungsbezirk Wiesbaden,
schließlich erwähnt Mayer in seinem Gutachten
noch die gleichen kirchlichen Verhältnisse
im Hinterland mit denen in Nassau. So wurde
der Kreis Biedenkopf zum Regierungsbezirk
Wiesbaden geschlagen. Teile der Bevölkerung
aber waren mit dieser Entscheidung nicht einverstanden
und wandten sich in einer Petition
an den Minister des Innern und baten, den
Kreis zum Regierungsbezirk Kassel zu schlagen.
Diese Bitte wurde durch einen Artikel im
Kreisblatt Nr. 3 des Jahres 1869 vom 13. Januar
unterstützt. Die Eingabe wurde im Kreistag
auch erörtert, hatte jedoch wenig Erfolg.
Inzwischen war durch eine Bekanntmachung
vom 18. Dezember 1867 vom Oberpräsidenten
v. Möller in Kassel das bisherige hessische
Kreisamt Biedenkopf zum 1. Januar 1868 aufgelöst
und an seiner Stelle das preußische
Landratsamt für den Kreis Biedenkopf in Biedenkopf
eingerichtet worden.
Der Friedensvertrag vom 3. September
1866 regelt auch genau, was mit den bisherigen
hessisch-darmstädtischen Beamten zu
geschehen sei. In den abgetretenen Gebieten
tritt der preußische Staat mit allen Rechten
und Pflichten ein. Er hatte die Zahlung
der Besoldungen und Pensionen zu übernehmen.
Preußen war bereit, die bisherigen Beamten
und Bediensteten zu übernehmen, falls
das gewünscht wurde. Die bisherige Besoldung
wurde durch Preußen garantiert. Anders
sah es beim Militär aus. Alle einfachen
Militärpersonen wurden nicht in das preußische
Heer übernommen, sondern blieben in
der Armee des Großherzogs von Hessen. Den
Offizieren stand aber die Wahl zu, sich für
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