6 Der Leitaufsatz zum Umschlagbild
in ganz neue Formen der Verwaltung, der
Rechtspflege, Gesetzgebung u. a. manche Unbequemlichkeit
mit sich führen muss. Namentlich
in den nördlichen Teilen des neuen
Regierungsbezirks ist die öffentliche Stimmung
der Regierung entschieden zugetan. Im
Distrikt und im Kreis Biedenkopf kann man
die Bewohner schon jetzt zu den treuesten
Untertanen Euer Majestät rechnen.“ Klagen
gab es jedoch gegen die preußische Steuerbelastung,
doch hoffte man durch Presse und
öffentliche Aufklärung der Bevölkerung klar
zu machen, dass die Verteilung der Steuerlast
nicht höher sei als in hessischer Zeit.
In Abschnitt 9 Kirchen und Schulen weist
der Regierungspräsident v. Diest darauf hin,
dass die Regelung der kirchlichen Angelegenheiten
zu manchen Schwierigkeiten geführt
habe, besonders im Kreis Biedenkopf. Dort
habe man sich zunächst geweigert, sich der
nassauischen Union anzuschließen, man hätte
eine kirchliche Vereinigung mit dem lutherischen
Marburg lieber gesehen.
In Abschnitt 13 über die Militärangelegenheiten
wird hervorgehoben, dass das preußische
Heer- und Militärwesen besonders im
ehemals hessisch-darmstädtischen Hinterland
mit Freude und Begeisterung von den Militärpflichtigen
angenommen werde.
Interessant ist noch ein Hinweis in Abschnitt
14 über die Organisation der Verwaltungsbehörden.
Es wird darauf hingewiesen,
dass mancher übernommene Beamte sich
wirtschaftlich schlechter stehe als zu hessen-
darmstädtischer Zeit. Die bessere Besoldung
in Hessen-Darmstadt war durch Preußen
nicht übernommen worden, die Beamten
hatten vielmehr jetzt überall Gehaltseinbußen
hinzunehmen.
Soweit die Auszüge aus diesem ersten Verwaltungsbericht
des Kreises Biedenkopf aus
den Anfängen der preußischen Verwaltung im
hessischen Hinterland.
Fast gleichzeitig mit der Aufforderung zur
Erstellung von Verwaltungsberichten ordnet
die preußische Regierung genaue Inspektionen
aller bestehenden Schulen an. Wir sind
erfreulicherweise in der Lage, die Visitationsberichte
aller im Kreis Biedenkopf bestehenden
Schulen aus dem Jahre 1868 zu kennen,
doch würde es wohl zu weit führen, auf diese
an dieser Stelle einzugehen.
Der Kreis Biedenkopf, der bis 1866 als historische
Kleinlandschaft angesehen werden
kann, änderte mit dem Anschluss an Preußen
seine politischen und wirtschaftlichen
Verhältnisse grundlegend. Die hemmenden
geografischen Gegebenheiten – die ganze
Umgebung war ja jetzt preußisches Hoheitsgebiet
– werden überwunden zugunsten der
Menschen im Hinterland. Neue Wirtschaftszweige
kündigten sich an, das Hinterland hessisch-
darmstädtischer Prägung machte sich
auf, ein Vorderland zu werden.
Literatur
Karl Huth: Verwaltungsgeschichte des Landkreises
Biedenkopf, 1957, S. 25–28
Karl Huth: Der Landkreis Marburg-Biedenkopf,
1984
Armin Sieburg: Behördengeschichte zu Repertorium
des Bestandes 180 Landratsamt
Biedenkopf, 1973
Quellen
Hessisches Staatsarchiv Marburg:
1. Bestand 110 Hess.-Darmstädtische Zentralbehörden
Nr. 5740, 5710–5714, 3604–3605
2. Bestand 150 Oberpräsident der Provinz
Hessen-Nassau Nr. 173
3. Bestand 180 Landratsamt Biedenkopf Nr.
2348
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