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Das vierte Zeichen der zweiten Linie ist nicht näher zu bestimmen, es gleicht einem kleinen gleichschenkeligen Dreiecke, dessen Schenkel ein wenig über die Spitze des Winkels, in dem sie zusammentreffen, verlängert sind; die beiden Striche des K in der zweiten Zeile stoßen in der Mitte des Hauptzuges in einem Punkte zusammen. Die Form des ganzen Steines, der offenbar in einer Einfassung getragen wurde, sowie die Schriftzeichen weisen darauf hin, daß wir ein Amulet vor uns haben, das wohl in derselben Weise getragen wurde, wie ein im Museum zu Wiesbaden befindliches, gleichfalls unedirtes, dessen Einfassung mit einem kleinern Ringe versehen ist, um an einer Schnur getragen werden zu können. Auch auf diesem sind 4 Zeilen griechischer Schrift, von denen nur die eine als όøδαλμόνerkannt werden kann. Bekanntlich enthielten diese Amulete gegen den Zauber mannichfache mystische Schriftzüge, deren Deutung zu manchen Irrthümern Veranlassung gab, wie es noch kürzlich mit dem im fürstlichen Museum zu Arolsen befindlichen Steine erging, dessen bekannte Formeln als altitalische Sprachreste erklärt wurden. Vgl. Haupt in den Monatsberichten der Berl. Acad. 1855 Nov. S. 701—2. und die gelehrte Arbeit von O. Jahn „über den Aberglauben des bösen Blickes bei den Alten“ in den Berichten der K. Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig, philol. histor. Classe 1855, welche über diese Seite des antiken Lebens ebenso schätzenswerthe als reichhaltige und durch beigegebene Abbildungen von Amuleten aller Art interessante Belehrungen und Aufschlüsse gibt.

Frankfurt a. M.

                                                                        Professor Dr. Becker.

 

Der merovingische Kirchhof zu La Chapelle-Saint-Éloi und Antiquitätenfabrik in Rheinzabern.

Die scharfe und für alle Einsichtigen auch schon vor der Bestätigung durch die, von der Ulmer Versammlung bestellte, Commission competenter Richter, überzeugende Kritik und Entlarvung der bekannten Rottenburger Ziegel- und Scherbeninschriften durch Prof. Th. Mommsen hat, wie zu erwarten stand, das Mißtrauen der Alterthumsforscher von Neuem um so mehr angeregt, als diese selbst in erster Linie meist die Opfer einer Speculation waren, welche mit einer Dreistigkeit auf ihr Ziel losging, die sich einestheils durch die in der Sache selbst liegenden Schwierigkeiten und oft den Mangel untrüglicher Criterien, anderntheils durch den Namen einer von ihr mißbrauchten Autorität vorerst und für

 

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