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Fabel und der beglaubigten Dichter- und Tempelsage entlehnt betrachtet hätte. Sonach mußte der Unterzeichnete die aus dieser Abbildung und Umschrift sich ergebende mythologische Nachweisung und Fabel wegen ihres Fundortes bei den deutschen Vangionen für deutsch, und folglich für eine, den Nachrichten des Caesar und Tacitus (und dem Navigium Isidis desselben, Germ. IX.) gleichzustellende, und um so wichtigere Quelle halten, als er gefunden hatte, daß die ächte deutsche Mythologie eine ältere Recension der in vielen Punkten wieder veränderten griechischen ist, und diese Scherbe uns als auch in Betreff der griechisch-römischen Fortuna-Tύχη Aufschlüsse zu geben geeignet sein dürfte, die wir in den magern Berichten der Mythologen über diese Göttin nirgends mehr finden. So überzeugt er aber hiervon war, so glaubte er doch seine weitere Bearbeitung dieses Gegenstandes auf so lange aufschieben zu müssen, bis die angekündigte, im Druck damals schon fast vollendete Erläuterung aller in Wiesbaden befindlichen alten Inschriften durch die Herren Kleine und Becker erschienen sein würde; da er aber alsdann fand, daß in derselben diese ihm so äußerst wichtige Inschrift ganz übergangen war, so setzte er sich mit dem ihm unterdeß persönlich bekannt gewordenen Herrn Professor Becker ins Einvernehmen, fand, daß derselbe in der Abkürzung For. ebenfalls den Namen Fortuna erkannte, und theilte ihm sodann, was ihm zu der Erläuterung dieses Gegenstandes dienlich schien, offen mit. Wenn nun Herr Professor Becker diese Eröffnung unerwiedert und ganz unbesprochen ließ, und sie nur in der Art, wie er es an dem oben angezeigten Ort gethan, ohne alle Angabe näherer Umstände erwähnte, so glaubt der Unterzeichnete der dabei geäußerten Ansicht des Herrn Professors auf das Entschiedenste zu widersprechen, und dagegen diese Scherbe nebst Inschrift aus den obenbemerkten Gründen für eine ganz unschätzbare Quelle der altdeutschen sowohl als allgemeinen Mythologie erklären zu müssen, die, ihrer schmutzigen Darstellung ungeachtet, die genaueste Prüfung und Beachtung und die allersorgfältigste wissenschaftliche Erläuterung und Bearbeitung vorzugsweise verdient. Wetzlar, den 20. November 1856. Karl Chr. von Leutsch.
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