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voco. mortuos plango. fulgura frango. miserere domini populo quem redimisti saguine tuo. anno domini M.CCCC.LXXXVI. — „Die Lebendigen rufe ich, die Todten beklage ich, ich breche die Wetter. Erbarme dich, Herr, deines Volkes, das du erkauft hast mit deinem Blute. Im Jahre des Herrn 1486.“ — Sprachliche Willkürlichkeiten, wie domini statt domine, populo für populi, redimisti für redemisti, saguine statt sanguine (wobei das Strichlein über a kaum angedeutet erscheint) werden den Kenner spätmittelalterlicher Latinität, besonderes bei solchen aus der Werkstatt hervorgegangenen Kunsterzeugnissen nicht befremden. — Ein zierlicher Spitzbogen–Fries bildet den untern Saum des Schriftbandes.

Eine zweite Inschrift – in deutscher Sprache, oberrheinischer Mundart — umgibt, von Parallelstreifen geschmackvoll umschlossen, den breiteren Kranz (Saumring) der Glocke. Das leichte Blumengewinde, welches als Ornament oberhalb der Schrift ringsum läuft, läßt in seiner Zeichnung ein Motiv anbrechender Renaissance nicht verkennen. Die Inschrift ist, mit Ausnahme des verloren gegangenen Stücks, leicht verständlich. — Das übrige Bildwerk der Glocke entspricht diesem streng kirchlichen Charakter der ganzen Darstellung. Medaillons der vier Evangelisten stehen sich an vier Punkten kreuzweis gegenüber: unsere Ansicht zeigt den Evangelisten Lucas, (mit dem Ochsen ), auf der entgegengesetzten Seite ist Johannes (mit dem Adler) links Markus (mit dem Löwen); das Medaillon des Matthäus ist durch das ausgeschlagene Randstück zur Hälfte zerstört. Die Conturen dieser kleinen Reliefs sind übrigens beim Guß ziemlich stumpf ausgefallen. —

Den Schmuck der Hauptseite, etwas unterhalb der Mitte ihrer Schweifung, bildet das Relief des gekreuzigten Heilands, mit Johannes und der schmerzenreichen Mutter, das unsere Abbildung in der Spitze des Bildes etwas vergrößert wieder gibt. Zu Füßen kniet der Stifter der Glocke, der damalige auch sonst um seine Kirche viel verdiente Abt, Herr Conrad von Dettikofen; vor ihm steht der Wappenschild seines edlen Geschlechtes. Das alte Constanzer Wappenbuch von 1547 enthält im Schild derer von Tettikoven den schneeweißen Schwan (aufgesperrter Schnabel und Füße schwarz,) im rothen Felde.

Soviel genüge zu näherer Beschreibung einer Glocke, deren Inschrift durch die Wahl unsers Dichters mit seinem un-[sterblichen]

 

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