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XLIII

Worten: „Heute sind ja die Nachkommen jener vertriebenen Franzosen längst mit den Bewohnern des Hessenlandes verschmolzen ; fast nur die Namen mancher Familien erinnern noch an ihre Herkunft von den flüchtigen Reformirten. Aber es bleibt für uns Hessen allezeit eine freudige Empfindung, dass es ein Landgraf von Hessen war, der damals allen deutschen Fürsten voranging, als es galt, den Glaubenszeugen des Protestantismus eine Freistatt vor ihrem Verfolger zu sichern. "*)

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*) Die Geschichte der Einwanderung der Refugiés in Hessen hat bisher,noch keine genügende quellenmässige Darstellung ge­funden. Am brauchbarsten ist von den darüber erschienenen Schriften Ch. von Rommel’s Abhandlung »Zur Geschichte der französischen Colonien in Hessen-Cassel«, Cassel. 1857, eine Arbeit, die zugleich in der Zeitschrift des Vereins, ältere Folge VII. 83 — 186, erschien und die Angaben Casparson's in seiner »Kurzen Geschichte sämmtlicher Hessen-Casselschen französischen Colonien«. Cassel. 1785, nicht unwesentlich berichtigt und ergänzt. Die Schrift Karl Friedrich Köhler's »Die Refugiés und ihre Kolonien in Preussen und Kurhessen.« Gotha. 1867. wimmelt so von Unrichtigkeiten in historischer und geographischer Beziehung, dass sie kaum zu gebrauchen ist. Auf den zum Theil irrthümlichen Angaben Köhler's beruht das, was in neuester Zeit von F. Sander »Die Hugenotten und das Edict von Nantes,« Breslau. 1885, S. 199 f, und von Theodor Schott, »Die Aufhebung des Edicts von Nantes« (Srhriften des Vereins für Reformationsgeschichte Nr. 10), Halle. 1885. S, 155 f. über die Aufnahme der französischen Flüchtlinge in Hessen-Kassel gesagt ist. Die Arbeit Rommel’s scheinen weder Sander noch Schott gekannt zu haben. In der ausführlichen reich ausgestatteten Festschrift Ed. Muret's »Geschichte der französischen Kolonie in Brandenburg-Preussen, unter besonderer Berücksichtigung der Berliner Gemeinde.« Berlin 1885, ist das hochherzige Verhalten des Landgrafen Karl auch nicht mit einer Silbe erwähnt, obgleich Hessen doch seit nun beinahe zwanzig Jahren dem preussischen Staate angehört!!

Wundern soll man sich zwar darüber eigentlich nicht mehr, denn wir sind in Hessen schon seit einiger Zeit daran gewöhnt, dass man auswärts alle Fehler und weniger rühmlichen Thaten unseres früheren Fürstenhauses, dessen Mitglieder doch ebenso wie andere Fürsten sterbliche, von Mängeln und Gebrechen nicht freie Menschen waren, in tendenziöser Weise wohlgefällig immer von Neuem ans Licht zieht und mit Behagen breit tritt, während man inder Ignorirung dervielen ausge-zeichneten Regentenhandlungen der hessischen Landgrafen eine ganz ungewöhnliche Fertigkeit erlangt hat. Um so mehr ist es Pflicht des hessischen Geschichtsvereins, solcher Ignorirung entgegenzutreten. Hierzu bietet besonders die

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