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XXXVIII

Die Kirmesstänze, welche die Regierung auch abzustellen versuchte, liessen sich die Leute aber nicht nehmen. An der Zähigkeit der Bauern scheiterte die übergrosse Strenge.

Der Vortragende entwarf hierauf ein Bild der Art und Weise der damaligen Tanzbelustigungen und der wüsten Raufhändel und Herausforderungen, welche dabei vorfielen, und veranschaulichte sie durch Beispiele aus Kassels Vorzeit. Die Strafe für die unverbesserlichen Duellanten und Raufbolde war, dass sie, als die mit ihrer Mannhaftigkeit ein loses Spiel trieben, zu Unmannen gemacht werden sollten. Diese von Amelie Elisabeth 1640 bereits gegebene, von ihrem Sohn 1660 erneuerte Verordnung richtete sich natürlich nur gegen das „Balgen“ um nichtiger Ursachen willen, das damals nicht nur in Soldatenkreisen, sondern auch bei Bürgerssöhnen und zumal auf den hohen Schulen, da jeder seine Wehre an der Seite trug, im Schwange war. Die Studenten wahrten sich, trotz vielfachen Verboten, das jus gladii, das Recht, Degen zu tragen, bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts. Redner schloss seinen ersten Vortrag mit einer Darstellung des Verfalles der Hochschulen, der Sitten nicht nur der Studenten, sondern auch der Professoren. Die traurigste Blüthe des studentischen Lebens während und nach dem grossen Kriege war vor allem der Pennalismus, dessen Unterdrückung Landgraf Wilhelm VI. sich sehr angelegen sein liess.

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Allein, so führte Redner in seinem zweiten Vortrage aus, mit Verordnungen und Strafverfügungen allein war auf die Dauer nichts zu erreichen. Von innen heraus musste eine Umkehr des Volkes zu besseren Sitten angebahnt werden, und hier begannen Kirche und Schule ihr Werk. Mit und nach der Reformation war auch in Hessen das Schulwesen zu schöner Blüthe gediehen; ihm hatte die vom trefflichsten Geiste beseelte Schulordnung des L. Moritz a. d. J. 1618 eine reiche Zukunft in Aussicht gestellt. Da rissen die Stürme des 30jährigen Krieges mit so vielem andern auch das Schulwesen zu Boden, ja die niederen Schulen litten noch viel mehr als die Universitäten, zumal der

 

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