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auf dem Lande gebührt das Verdienst, während des Krieges in Noth und Drangsal bis zuletzt auf dem ihnen angewiesenen Posten ausgehalten und dadurch die gänzliche Auflösung der Gemeinden verhindert zu haben. Eine Reihe von Beispielen macht dies ersichtlich ; hier eines derselben. Der Pfarrer Ludolph von Reichensachsen berichtete z. J. 1640, dass zur Zeit, als die Kaiserlichen und Schweden sich bei Fritzlar und Wildungen gegenüber lagen und ihre Streifparteien weit ins Land hinaus schickten, der eine hier, der andere dort auf den Bergen, in Hecken und Wildnissen gegen den Winter sein Hüttlein gemacht und mit Weib und Kindern Tag und Nacht sich daselbst habe aufhalten müssen. „Da haben wir gewohnt, gekocht, gepredigt, Betstunde, auch oftmals Taufe verrichtet u. s. w. Wir sind lange nicht beieinander, sondern arg zerstreut gewesen.“ Die von ihm später aufgezeichneten Vorfallenheiten schrieb er während mehrerer Jahre theils auf Zettel, theils mit Röthelstein in den Wildnissen an Bäume und Felsen. Aber immer versucht es der wackere Mann wieder, seine Gemeindeglieder zusammen zu bringen. Die Kirche ist ihm der Mittelpunkt. So oft es geht, eilt er mitten unter Feinden dorthin, um den Gottesdienst zu verrichten. Statt des Läutens ruft ein dreimaliges Anschlagen an die Glocke die Gemeindeglieder aus den Wäldern herbei, und die kaiserlichen Mordbrenner, die diesen Anschlag für ein Warnungszeichen hielten, liessen sie desshalb unbehelligt.

Natürlich übten die langen Kriegszeiten auch auf einen Theil der Geistlichen ihre entsittlichende Wirkung aus. Die Klagen wider sie beginnen nach der Zeit der furchtbarsten Drangsale, nämlich seit 1643. Da ist es wiederum ein Mann, der Kasseler Superintendent Theophilus Neuberger, der sich durch Wort und That um die hessische Geistlichkeit ein besonderes Verdienst erworben hat. Seine Ausschreiben an die niederhessische Geistlichkeit sind für die Kenntniss der damaligen Zeit besonders interessant. Als Probe diene folgende, einem Ausschreiben von 1643 entnommene Stelle: „Hütet Euch doch um Gottes und Euer selbst willen vor dem Laster des Saufens, daraus ein unordentlich Leben erfolget, wie die Erfahrung genugsam

 

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