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XLI

beweiset; und ist zu beklagen, dass etliche Geistliche dem Trunk so sehr nachgehen, nicht allein es für keine Sünd achten, sondern sich auch wohl rühmen, dass sie hier oder da einen guten Rausch erlangt. O ein verflucht Lob von Geistlichen! .... Auch ist ärgerlich, wenn ein Geistlicher um Trinkens oder Zecherei willen sein Amt oder Gottesdienst versäumet oder wohl gar unterlässt. Aergerlich ist es, wenn Pfarrer öffentlich mit Soldaten oder anderen Burschen Tabak trinken und sich dem Volk prostituiren. In Ehrensachen und andern geistlichen Gastgeboten auf Bitte sich einzustellen ist nicht verboten; aber es muss kein Pfarrer ihm einbilden, dass ihm gebühre die Gäste lustig zu machen, Narrentheidung, grobe Scherze und Stokereien, zumal mit Weibspersonen, zu treiben u. s. f.“

Als das beste Mittel, gute Sitten unter den Brüdern herzustellen, empfiehlt Neuberger die strenge Handhabung der Censura morum. Die Protokolle hierüber geben interessante Aufschlüsse über damalige Sitten und Anschauungen, wie z. B. dass ein Pfarrer, weil er mit einem Wirthe um die Wette geritten, um l Rthlr. gestraft wird, oder dass einem andern vorgeworfen wird, er trage dem Junker die Hasen auf der Jagd nach. Ein dritter beklagt sich von der Kanzel darüber, dass man ihm im Wirthshause schales und saueres Bier vorgesetzt habe, während fremde Schuster es sich am Nebentisch bei Trank und Speise wohl sein liessen u s. f.

Die Heilighaltung des Sonntages hatte sehr gelitten. Bereits 1638 klagten die zur Wahl eines Superintendenten in Allendorf versammelten Pastöre darüber. Scharfe Verordnungen ergingen weiter 1642, 1649, 1651, ein Beweis, wie wenig sie während des Krieges fruchteten. Damit die Leute in den Städten nicht Sonntag morgens Zechens halber in die Gärten oder auf die Dörfer liefen, oder draussen der Feldarbeit und anderen Geschäften nachgingen, hielt man die Thore den Tag über bis nach geendigter Predigt geschlossen, um sie nur um 10 Uhr zum Austreiben des Viehes kurze Zeit zu öffnen. Gut beleumundete Männer wurden ausserdem verordnet, die auf den Strassen und Plätzen, ja in den Häusern nachsahen, dass nichts Feiertagwidriges geschähe. Unwissenheit in der Kenntniss des Katechismus konnte

 

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