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LXXXV

3) Zu Marburg.

Die Hauptaufgabe des hiesigen Zweigvereins liegt in der Pflege und Vermehrung der Vereinssammlung. Leider ist diese im laufenden Jahre nur um wenige Stücke vermehrt, da es die nächste Aufgabe sein muss, die Schulden zu bezahlen, welche in früheren Jahren zur Erwerbung von Sammlungsgegenständen, die sonst für Hessen unwiederbringlich verloren gewesen wären, wenn sie nicht angekauft wurden, gemacht werden mussten. Empfindlich für die Verwaltung der Sammlungen war es, dass auch in diesem Jahre eine Unterstützung aus Staatsmitteln zum Ankaufe von Sammlungsgegenständen nicht gewährt war.

Sitzungen sind gehalten:

1) am 25. Februar: Herr Professor von Drach sprach über den Anhalter Willkommen. Dieser Vortrag gewährte einen höchst interessanten Einblick in das von den Pfaden der hohen Politik abseits liegende private Leben an den Fürstenhöfen der guten alten Zeit. Der Anhalter Willkommen ist ein Prachtkredenzgefäss von der kunstfertigen Hand des Nürnbergers Wolf Meyer in der weiland landgräflich-hessischen Silberkammer zu Kassel, dessen Verlust seit der Franzosenzeit leider zu beklagen ist. Dieser kunstreiche silberne Kopf mit gegossenem und getriebenem Beiwerke mit einem Gewicht von 26 Pfund hat seine höchst eigenartige Geschichte.

Sitzt da im Februar des Jahres 1571 in der Hofburg zu Kassel Landgraf Wilhelm der Weise beim Kartenspiel mit seinem Schwager, dem Fürsten Joachim Ernst von Anhalt, der mit seiner jungen Gemahlin, einer Schwester der Landgräfin Sabine aus dem Hause Württemberg, auf der Heimfahrt von der Hochzeit nach Dessau unterwegs in Kassel zu Besuch eingekehrt war. Sie spielen ein seit Anfang des Jahrhunderts von Frankreich eingeführtes Spiel, „Primiren“ genannt. Der Fürst giebt eine Chance aus der Hand, welche dem Landgrafen den Sieg verschafft, erhebt aber trotzdem nachträglich den Anspruch auf den Gewinn. Ueber die Spielregel geht die Ansicht der beiden Schwäger auseinander und es entsteht eine Wette darüber, wer das Spiel am

 

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