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und unermüdlichem Fleisse seinen Studien hingegeben, besass er damals schon in erstaunlich hohem Grade die Gabe, voll und ganz in den Gegenstand sich zu versenken, mit dem er gerade sich beschäftigte. Bei der Arbeit war er deshalb äusseren Störungen ganz unzugänglich, wie seine Freunde erzählen : wenn sie in Marburg durch die Barfüsserstrasse ziehend am Hause 'Criminell' Halt machten, wo an einem Fenster des ersten Stockes Duncker's Arbeitstisch stand, dann war alles Rufen umsonst, der blonde Kopf, den man von unten durch die Scheiben sehen konnte, blieb ruhig 'über Bücher und Papier' gebeugt, der Gerufene hörte thatsächlich nichts und wurde die Nähe der Freunde überhaupt erst dann gewahr, wenn einer derselben ins Zimmer tretend ihm die Hand auf die Schulter legte.

Im Herbste 1862 verlor Duncker auch seine Mutter. Nachdem er noch den Winter in Marburg studirt hatte, ging er Ostern 1863 nach Leipzig, wo er eine zweite Heimath fand in dem Hause, seines Vetters Vogeley, welcher damals dort eine mit der Universität in Verbindung stehende höhere landwirthschaftliche Anstalt leitete. Auch hier lebte er sehr zurückgezogen, nur der Arbeit hingegeben, seine knappen Kassenverhältnisse selbst der innigen und fürsorglichen Freundschaft der Familie Vogeley nach Möglichkeit verbergend. Von den Professoren, deren Vorlesungen er dort hörte, scheinen besonders auf ihn eingewirkt zu haben Ritschl und Heinrich von Treitschke; letzterer hatte an Vogeley's Anstalt nicht lange vorher seine ersten öffentlichen Vorträge gehalten. Nach einem Jahre kehrte Duncker nach Marburg zurück, um hier seine Studien zu vollenden und sich zum Staatsexamen vorzubereiten. Von Marburger Professoren, zu denen er in näherer Beziehung stand, ist ausser Leopold Schmidt namentlich auch Heinrich Heppe zu nennen, der schneidige Kämpe und erstaunlich fruchtbare*) Schriftsteller, der bezüglich seiner gewaltigen Schaffenskraft und Arbeits-

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*) 'Claudite jam rivos, pueri, sat prata biberunt!' schrieb Schubart in den Zettelkatalog der Landesbibliothek, nachdem er das 39. Werk des 'fanatischen Reformirten', dem er nicht grün war, eingetragen hatte; es half aber nichts!

 

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