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LXXXVII

Gedanken vertraut, die gegen Germanien gerichtete Eroberungspolitik gänzlich aufzugeben und zur Defensive überzugehen. In diese Uebergangszeit, in welcher auch der militärische Schwerpunkt von Vetera castra nach Moguntiacum verlegt wurde, also in das erste Jahrhundert n. Chr., fällt sicherlich der Bau des Castells Kesselstadt; denn es liegt auf der Hand, dass man sich zunächst des unteren Mainthals — welches zu allen Zeiten eine wichtige Heerstrasse zwischen Germanien und Gallien bildete — versichern musste, wenn man auf dem rechten Ufer des Mittelrheins festen Fuss fassen wollte. Ob wir indess in Uebereinstimmung mit Herrn Dr. Wolff das 9. Jahrzehnt dieses Jahrhunderts als Bauzeit für dieses Castell ansetzen dürfen, ist doch immerhin noch fraglich, denn wenn auch zugegeben werden muss, dass dieses Decennium die grösste Wahrscheinlichkeit für sich hat, so wird doch andererseits nach dem Verlauf der römisch - germanischen Kämpfe jener Zeit Niemand in Abrede stellen können, dass diese Befestigung bereits zu Anfang des ersten Jahrhunderts errichtet sein kann, und zwar um so weniger, als es feststeht, dass schon zu dieser Zeit von Mainz ausgehend durch die hiesige Gegend Cooperationen der Römer zu den Kriegszügen der letzteren an der Lippe stattfanden. Jedenfalls ist sicher, dass, wenn man sich für berechtigt hält, die Gründung der Saalburg Drusus zuzuschreiben, mit demselben Recht die Errichtung des Castells Kesselstadt in die erste Hälfte des ersten Jahrhunderts verlegt werden kann, denn die Erbauung der Castelle Kesselstadt und Friedberg ist lediglich eine Consequenz der Anlage von Castellen im Taunus. Im Norden gedeckt durch dieses Gebirge wurden hier die römischen Colonnen bis zu der Mainlinie Miltenberg-Kesselstadt und deren nördlicher Verlängerung vorgeschoben und alsdann in der offenen Lücke zwischen Main und Taunus die beiden starken Befestigungen Kesselstadt und Friedberg angelegt, welche letztere gewissermassen das Thor zwischen dem Decumatenlande und Germanien bildeten. Zwar ist eine Befestigung bei Friedberg noch nicht festgestellt, jedoch wird eine solche übereinstimmend von allen Forschern schon deswegen angenommen, weil

 

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