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CVII

Wilhelm Kolbe. †

Ein sehr schwerer Verlust hat unseren Verein durch das Hinscheiden dieses Mannes betroffen. Noch war nicht ein Jahr verflossen, seit er aus seinem seitherigen Wirkungskreise zu Marburg zu einem grösseren in die Hauptstadt der Provinz berufen war und wir nun hoffen durften, auch hier des eifrigen treuen Mitarbeiters an unserem Werke kräftige Unterstützung zu finden, da riss ein jäher unerwarteter Tod ihn fort aus unserer Mitte; ein Herzschlag traf ihn am 11. Juni, eben von einer Berufsreise nach Schmalkalden heimgekehrt, welche er bereits leidend unternommen hatte.

Wilhelm Kolbe wurde am 7. August 1826 zu Marburg als Sohn des Regierungs-Probators Kolbe geboren, empfing auf dem Gymnasium daselbst seine Schulbildung und befliss sich seit dem Jahre 1847 des Studiums der Gottesgelehrtheit an der Universität seiner Vaterstadt. Hier war er Schüler A. F.C. Vilmar’s, nicht bloss auf dem Gebiete der Gottesgelehrtheit, sondern auch dem grossen Literarhistoriker ähnlich in germanistischen und volksgeschichtlichen Studien. Kolbe wurde am 29. Januar 1851 unter die Candidaten des Predigtamtes aufgenommen und empfing am 31. October die Ordination. Wie die Mehrzahl der jungen Theologen übernahm auch er anfänglich eine Stellung als Hauslehrer in Rastatt, wurde später als Pfarrgehülfe zu Wetter, dann als Pfarrverweser in Gossfelden verwendet und im Jahre 1856 als Subdiaconus nach Marburg berufen. Hier in der geliebten Vaterstadt fand sich Kolbe in dem Wirkungskreise, für welchen er tiefen inneren Beruf fühlte und in welchem er die grössere Hälfte seines Lebens hindurch eine segensreiche Wirksamkeit entfaltete.

Für die Gotteshäuser, an welche sein geistliches Amt geknüpft war, hegte er höchste Sorgsamkeit und Liebe und mühte sich, an ihnen bauliche wie künstlerische Verbesserungen herzustellen. Bis 1876 Pfarrer an der lutherischen Stadtkirche, wurde Kolbe in diesem

 

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