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XXX

1832 an dasselbe Logis bewohnte, liess er sich endlich 1879 pensioniren und bekam bei dieser Gelegenheit den Titel Kanzleirath. Seine Pension betrug 2700 Mk. Schon vorher ein Sonderling, dessen Eigenschaften Egoismus, Misstrauen und vor allem übertriebene Sparsamkeit waren, steigerte er nun, offenbar kindisch geworden, nachdem er wahrscheinlich längst nicht mehr klaren Verstand bewahrt hatte, den Geiz aufs höchste. Er lebte kärglich, wie der dürftigste Mann, höchst nachlässig im Aeussern, aber keineswegs zurückgezogen, nur selten zu Hause. Körperlich noch rüstig wanderte er viel umher, blieb bei seiner alten Gewohnheit Stunden lang im Laden eines Buchhändlers und im Lesezimmer des Bürgervereins zuzubringen. Ohne Angehörige und Freunde, verwahrlost und verkommen, starb er nach kurzem Krankenlager am 30. Juli 1888 in dem hohen Alter von 84 Jahren und beinahe drei Monaten. Es stellte sich nun heraus, dass sein Vermögen, über das er alle Welt, sogar seine Schwester, getäuscht hatte, viel bedeutender war, als irgend jemand geahnt hatte. Man wusste, dass er von einem Bruder seiner Mutter, dem 1861 gestorbenen Staatskassenrath Ernst Brenner in Darmstadt viel geerbt, hatte, man sprach von 80,000 Gulden ; jetzt ergab sich, dass er mehr als doppelt so viel, über 418,000 Mark hinterliess, davon beinahe 10000 Mk. in baarem Gelde. Das Erstaunlichste aber war, dass er, sonst so pedantisch, penibel, aufmerksam, sein grosses Vermögen so nachlässig verwaltet hatte. Er liess alles liegen, als ob er nicht gewagt hätte etwas daran zu ändern, Die Werthpapiere lagen zwischen Wäsche und alten Akten, man musste sie behutsam überall zusammensuchen; es fand sich nichts Schriftliches darüber vor; so war es gekommen, dass er selbst nicht wusste, was er besass und wo er es hatte. Die Zinscoupons waren nicht abgeschnitten, eine Menge derselben waren noch aus den sechziger Jahren und längst verfallen. Da kein Testament vorlag, war von Seiten des Gerichtes Herr Kaufmann Hestermann zum Curator ernannt. Es wurde nach den nächsten Anverwandten geforscht, dann im April 1889 entschieden, dass Frau Dr. Jordan, Witwe eines Arztes, wohnhaft in Raboldshausen (Kreis Homberg), die einzige berech- [berechtigte]

 

 

 

 

 

 

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