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Lust noch die Befähigung, ihre Pflegbefohlenen zu »modestem Wesen« ihrer ausdrücklichen Verpflichtung gemäss anzuhalten, fehlte es ihnen doch selber an modestem Wesen in ihrem amtlichen und ausseramtlichen Verhalten, Gott und der Welt gegenüber, in mancher Hinsicht.

Der Kirchenvorstand wusste sich nicht anders zu helfen, als damit, dass er die zuständigen Behörden ersuchte, wie vor 30 Jahren hier schon einmal üblich gewesen sei, einen Bettelvogt anzunehmen, der die mutwilligen Knaben und Burschen sowohl in als ausser der Kirchen in Zaume halten solle.

Weiter wird in derselben Sache unter dem 3. April 1726 im Presbyterium bemerkt:

»Weilen oftmalen auf Sonn-, Fest- und Feiertagen vor denen Predigten die Knaben beim und unter dem Rathhaus einen grossen Tumult und Geschrei verursachen, als wurde beschlossen, dem Herrn praeceptor zu sagen, es dahin in die Wege zu richten, damit die Schüler beim zweiten Geläut sich in der Schul versammeln und im Beisein Herrn praeceptors das sonntägliche Evangelium und ein Kapitel aus der Bibel ablesen, und in einer procession in die Kirche gehen sollen. Ingleichen sollte dieses auch von denen Mägdlein beobachtet werden.« —

Diese sehr verständige Einrichtung hat aber nicht lange angehalten, denn im folgenden Jahre am 7. Mai 1727 wird schon wieder geklagt, dass die Knaben auf Sonn- und Feiertagen unterm Rathhaus oftmals Mutwillen trieben und dabei ein grosses Gerüff verübeten. Reso.: »dass dem Stadtdiener sollte auferlegt werden, solche muthwillige Knaben mit Stockschlägen zu stillen, auch anbei dem ehrsamen presbyterio solche anzuzeigen, damit ihnen ihre Ungeziemendheit nachdrücklich möchte verwiesen werden.«

Demnächst gings im Gottesdienst ebenfalls nicht immer andächtig und stille zu. Obwohl ein jegliches Gemeindeglied, sobald es zu seinen Jahren gekommen war, pflichtschuldigst seinen Kirchenzustuhl zu lösen hatte, so wurde doch oft die Ruhe des Gottesdienstes durch Schieben und Drängen, Schimpfen und Balgen um die Plätze unterbrochen. Die männliche Jugend

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