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[dieselbe] selbe in ihrer vorliegenden Gestalt früher oder später zu Grunde gehen musste. Die Kirche schien eine Art Polizeiinstitut sein zu sollen, in welchem man durch angemessene Correctionen, namentlich durch Geldstrafen, Tugend und Gottseligkeit glaubte erzwingen zu können. Aber »die Waffen unserer Ritterschaft«, sagt der Apostel 2. Cor. 10, 5, »sind nicht fleischlich, sondern mächtig vor Gott, zu verstören die Befestigungen, damit wir verstören die Anschläge und alle Höhe, die sich erhebt wider das Erkenntniss Gottes, und nehmen gefangen alle Vernunft unter den Gehorsam Christi.«

Das falsche System musste kläglichen Bankrott erleiden. Die alte Presbyterialverfassung, von Anfang an den Keim des Todes in sich tragend, war, wie wir zu sehen Gelegenheit gehabt haben, bereits eine lebendige Leiche, ehe — in Steinau geschah dies im Jahre 1777 — der vollendete Rationalismus die Erbschaft der Vorzeit antrat und den Tod der seitherigen Kirchenverfassung in optima forma damit attestierte, dass das liebe alte ehrwürdige Presbyterial-Protokoll, das uns so treuherzig und gründlich den Weg durch zwei Jahrhunderte gewiesen hat, nun plötzlich zum langweiligen öden und nichts, gar nichts mehr sagenden Stuhlbuch und Fornicanten-Register werden muss.

Wenn auch Vieles dazu beitrug, dies traurige Ende herbeizuführen, so sind die guten alten orthodoxen Pfarrer doch zum sehr grossen Theil auch mit Schuld daran gewesen. Sie waren — muss man sagen, wenn man sie bei ihrer Art und Weise zu arbeiten und zu amtieren aufmerksam und gründlich belauscht hat — doch recht wunderliche Heilige. Dass es ihnen nicht an vielseitiger Bildung, an Verstand und Witz, an Eifer für ihre Aufgabe, an Liebe zum HErrn und seiner Kirche gebrach, das bezeugt uns jedes Blatt der Presbyterial-Protokolle, aber sie waren Kinder ihrer Zeit und darum ausser Stande, sich über dieselbe zu erheben. Sie erscheinen mehr als Herrn über das Kirchenvolk, denn als Mitgenossen ihrer Freude. Darum dass sie in einer bösen Zeit Zuchtmeister sein mussten eines wilden und entarteten Geschlechtes, schienen sie fast vergessen zu haben, dass es doch noch schöner und besser ist als Zucht zu üben, der Heerde, die den grossen

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