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des Königreichs Westphalen folgendes Erlebniss berichtet, welches für jene kurze Periode charakteristisch ist. Daher wird es mit den Worten des Generals hier angeführt.

Im Sommer von 1808 wurde mir nach ausserordentlichen Anstrengungen im Dienste durch ein Commando nach Osnabrück eine Erholung zu Theil *). Da der König (Jerome von Westphalen) eine kurze Zeit daselbst zu verweilen beabsichtigte, wurde eine Escadron Garde du Corps unter dem Befehle des Rittmeisters von Hessberg (der als westphälischer General zu Königsberg an einer in der Schlacht bei Borodino erhaltenen Wunde starb) und zwei Compagnien Grenadiergarde nach Osnabrück commandirt. Daselbst wurde das 1. Chevauxlegers-Regiment unter Oberst von Hammerstein gebildet, welches nach Spanien bestimmt war. Die Offiziere suchten ihre Gefühle durch rauschende Gelage zu betäuben, wozu sie um so mehr aufgefordert wurden, als ihr Commandeur den Vorsitz dabei führte. Oberst von Hammerstein, etwa 37 Jahre alt, hatte nicht allein die kräftige Statur eines Hercules, er war auch schön gebaut wie der Kriegsgott selbst, zugleich ein geistreicher Mann, der aber immer leidenschaftlich und im Gefühl seiner Kraft unbekümmert, ob die Wogen ihn verschlingen würden, hinstürmte nach einem in Nebel gehüllten Ziele. Die Orgien des Offiziercorps erregten das grösste Missfallen bei den nichts weniger als französisch gesinnten Einwohnern Osnabrücks, doch machten sie gute Miene zum bösen Spiele, weil viel Geld in Umlauf kam. Die Geistlichkeit aber war mit Recht über die wiederholt scandalösen Scenen vor dem Dome erzürnt, wo gespielt, gezecht und gesungen und schliesslich eine geleerte Punschbowle unter Absingen toller Lieder vor dem Eingange des Domes begraben wurde. Sie hatte bei dem Könige Beschwerde geführt und Jerome sandte einen französischen General nach Osnabrück, mit dem Befehle, den Orgien Einhalt zu thun, das Regiment zu inspiciren und nach Befinden den Obersten von Hammerstein seiner Stellung zu ent- [entheben]

*) v. Bardeleben war damals Premierlieutenant in der Grenadiergarde.

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