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XXXIX

Grenzen gelten, da über beide Flüsse hinaus im heutigen Baden und Würtemberg galloromanische Ansiedler die verlassenen Gebiete besetzten und den Schutz des römischen Reiches beanspruchten. Vor Allem waren es aber strategische Gründe, welche eine Erweiterung von Oberschwaben aus nach Norden nöthig machten, um die römischen Provinzen im Süden, und Italien selbst gegen die Angriffe der Germanen zu schützen. Es ist dies in neuester Zeit mit meisterhafter Klarheit von dem verstorbenen General Kallee nachgewiesen, dessen hinterlassene Schrift über „das rätisch-obergermanische Kriegstheater der Römer" zum erstenmal vom militärischen Standpunkte aus die Militäranlagen der Römer in den rechtsrheinischen Gebieten in ihrer Gesamtheit behandelt.

Kallees Ansicht über den Verlauf der römischen Okkupation stimmt in einem wesentlichen Punkte so vollständig mit derjenigen überein, die ich für einen bestimmten Abschnitt des in Betracht kommenden Gebietes, nämlich für unser Mainland, mir schon vorher gebildet und ausgesprochen hatte, dass mich dies nur bestärken konnte in der Ueberzeugung, auf dem rechten Wege zu sein, obgleich er mich von demjenigen entfernte, den ein anderer militärischer Forscher, dessen Autorität auf diesem Gebiete lange Zeit allein als massgebend betrachtet worden und auch mir früher massgebend gewesen war, eingeschlagen hatte. Das Charakteristische der Kallee’schen Auffassung ist die Annahme einer mehrmaligen, dem jedesmaligen Besitzstand entsprechenden Vorrückung und fortifikatorischen Sicherung der Grenze vom Oberrhein und der Donau nach Nordosten derart, dass die in dieser Richtung hintereinander aufgefundenen Befestigungsanlagen nicht Bestandteile eines zusammengehörigen, gleichzeitig entstandenen und gleichzeitig besetzten Grenzverteidigungssystems waren, sondern verschiedenen progressiv angelegten und geräumten Grenzlinien angehören. Insbesondere gilt dies von der sog. Neckar- und Mümmlingslinie, der zusammenhängenden, durch eine Militärstrasse verbundenen Reihe von Kastellen und Wachthäusern, die sich am Neckar und auf dem Kamm des Odenwalds entlang bis Wörth am Main hinzieht, und deren Ver- [Verhältnis]

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