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Sein Lebensgang ist in Kürze der folgende: Am 30. December 1792 zu Omes in Tirol geboren, studirte Jordan nach Absolvirung des Innsbrucker Gymnasiums in München und Landshut, habilitirte sich nach Erlangung der juristischen und philosophischen Doctorwürde in Heidelberg als Docent und erhielt bereits 1821 eine ausserordentliche, im folgenden Jahre eine ordentliche Professur für Staatsrecht und verwandte Fächer an der Marburger Hochschule. Von 1830—1833 gehörte Jordan als Abgeordneter der Universität der Ständekammer an und entfaltete hier eine ebenso umfassende, als segensreiche Wirksamkeit. Der gegen ihn eingeleitete Hochverrathsprozess von 1839—1845 endete mit der Verurtheilung des Angeklagten zu einer Geldstrafe von 5 Thalern. Im Jahre 1848 trat Jordan, der kurhessischer Bundestagsgesandter und später auch Mitglied der Nationalversammlung wurde, weniger hervor. Von 1850 ab lebte er in Kassel und starb ebendaselbst am 15. April 1861.

Die Bedeutung dieses hervorragenden Denkers liegt zunächst auf dem Gebiete der theoretischen Politik*). Seine im Jahre 1828 erschienenen „Versuche über allgem eines Staatsrecht“, welche die wissenschaftliche Hauptleistung seines Lebens bilden, zeichnen sich durch gründliche Untersuchung, besonnenes Urtheil, musterhaft klare Darstellung, beredte Sprache und reichen Inhalt aus. Bereits in dieser Schrift bekämpft Jordan mit siegreicher Logik die radicalen Richtungen der Revolution und der Reaction, erklärt sich als einen Anhänger des Reformsystems und entwickelt auf der so gewonnenen ideal-realen Grundlage seine eigenen Lehren. Den Kernpunkt erreichen seine Ausführungen in dem Abschnitte über die Staatsformen. Hier vertheidigt er die Notwendigkeit der constitutionellen Erbmonarchie für die deutschen Völker „nach ihrem jetzigen Culturzustande, ihren geschichtlichen Verhältnissen und den gemachten Erfahrungen“.

Schon zwei Jahre später findet Jordan willkommene Gelegenheit, die Lebenskraft und Fruchtbarkeit seiner politischen Ideen auch praktisch zu erweisen.

Die Julirevolution rief auch in Kurhessen das Verlangen nach einer den Anforderungen des constitutionellen Liberalismus Rechnung tragenden Verfassung hervor. Zur Berathung des Entwurfs war nach den bekannten Vorgängen im September 1830 ein Landtag einberufen, in dem die Universität durch Jordan in der glücklichsten Weise vertreten wurde. Die Verhandlungen über diese Vorlage eröffnete er als Vorsitzender und Referent des Ausschusses mit einer meisterhaften Rede.

Wie muss eine Staatsverfassung überhaupt beschaffen sein, um den durch Vernunft und Erfahrung gleichmässig begründeten Anforderungen der Zeit zu entsprechen? so lautete das Thema, über welches sich Jordan in besonnener und zugleich entschiedener Weise verbreitete.

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*) Vgl. Mollat, Quellenbuch zur Geschichte der deutschen Politik im 19. Jahrhundert. 1892. S. 67—66. Mollat, Lesebuch zur Geschichte der deutschen Staatswissenschaft von Kant bis Bluntschli. Ergänzungsheft. 1893. S. 7—12.

 

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