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Die treffliche Rede schliesst mit den Worten: „Wenn wir ernstlich nur das Rechte und Gute wollen, so werden wir es auch mit Gottes Beistand sicher erringen; denn wer könnte, wer dürfte dem Rechten und Guten widerstreben? Und ist Gott mit uns, wer könnte wider uns sein?

Die Umgestaltung des Regierungsentwurfs zu unserem bekanntlich am 5. Januar 1831 zu Stande gekommenen und drei Tage später vor dem Landesherrn vollzogenen Staatsgrundgesetze in seiner endgültigen Fassung ist das unbestritten grösste Verdienst Jordans.

Von reactionärer Seite hat man der Constitution vorgeworfen, dass dieselbe eine Reihe von Gründsätzen enthalte, deren praktische Durchführbarkeit zum mindesten zweifelhaft sei. Als abstracter Theoretiker und utopistischer Doctrinär wurde der Mann verketzert, der, wie kaum ein anderer Publicist, mitten im Leben stand und es sich zu seiner Hauptaufgabe gemacht hatte, den Gegensatz zwischen Idee und Wirklichkeit in befriedigender Weise auszugleichen. Allerdings muss bemerkt werden, dass man später Auslegungen von einzelnen Bestimmungen erlebte, wie sie von keinem Mitgliede der damaligen Ständekammer für möglich gehalten wären. Wir erinnern nur an die berufene Frage nach der Abgrenzung der Competenz des Landesherrn als Obersten Chefs der Armee und des Kriegsministers als des verantwortlichen Beamten.

Dagegen bezeichnete der Liberalismus die Schöpfung Jordans als eine reife Frucht, welche dem politisch denkenden Bürgerthum in den Schooss gefallen sei und zu noch schöneren Hoffnungen berechtige.

Die Wahrheit dürfte etwa dahin gehen, dass ihre Mängel von ihren Vorzügen bei weitem überwogen werden, dass also unter den gegebenen Verhältnissen eine relativ glückliche Lösung der entschieden schwierigen Verfassungsfrage und zwar durch beiderseitiges Nachgeben erzielt war. In klarer Erkenntniss der Sachlage sprach sich Jordan selbst später darüber folgendermassen aus: „Man musste in einzelnen Dingen nachgeben, um das grosse Ganze zu erringen, in der Erwartung, dass die Zeit die Mängel früher oder später beseitigen werde. Es ist einmal das Loos aller Menschenwerke, dass sie stets das Gepräge der Unvollkommenheit an sich tragen.“

Auch an den übrigen bewegten Verhandlungen der Landtage von 1831—33, welche sich u. A. mit der Berathung verschiedener organischer Gesetze beschäftigten, nahm Jordan den lebhaftesten Antheil und führte oft durch seine überzeugende Beredsamkeit den Sieg im liberalen Sinne herbei.

Der Redner entwarf hierauf ein in grossen Zügen gehaltenes Bild der gegenwärtigen Richtungen auf geistigem, sittlichem, politischem und gesellschaftlichem Gebiete, bekämpfte die pantheistische und materialistische Welt- und Lebensanschauung, betonte die Notwendigkeit einer massvollen, aber zielbewussten Reform in den genannten Beziehungen, fasste danach seine Ausführungen kurz zusammen und schloss mit den Worten: „Von Sylvester Jordan, dem Muster und Vorbild eines festen Charakters, dem

 

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