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[Fürsorge] sorge des Herrn Oberförsters Wetz auch durch Anbringung mehrerer Bänke Sitzgelegenheit bot, gelagert hatten. Hier hielt Herr Postverwalter Siegel den unten im Wortlaute gegebenen Vortrag über „Schloss Reichenbach und Hess. Lichtenau“, wofür ihm der Herr Vorsitzende den Dank der Versammlung in launigen Worten darbrachte. Nach Besuch der Burgstätte*) besichtigten einige Herren noch im Dorfe Reichenbach die alte romanische Kirche, während die Mehrzahl auf der Schlosswiese, wo für Erfrischungen gut gesorgt war, in fröhlichster Stimmung bis gegen Abend zusammenblieb. Der Vortrag des Herrn Postverwalters S. lautete:

Die erste Hälfte des heutigen Tages war der Stadt und ihren Alterthümern gewidmet. Dann sind wir zum Schlossberg emporgestiegen, um auch hier den Spuren der Vergangenheit nachzugehen, zu schauen, was der zerstörende Einfluss der Zeit und das Walten der Menschenhand von der einst so starken Veste Reichenbach übrig gelassen haben.

Bevor wir jedoch die eigentliche Burgstätte betreten, gestatten Sie mir, die Geschichte der Gegend, namentlich insoweit sie sich auf die Stadt und das Schloss bezieht, in grossen Zügen aufzurollen.

Die Hochfläche, die sich so hell und freundlich zu unsern Füssen ausbreitet, glich in ferner Vorzeit nichts weniger als einer lichten Aue. Düsterer, undurchdringlicher Wald bedeckte weithin Berg und Thal. Die Bodensenkungen aber waren mit Sümpfen und Brüchen ausgefüllt. Die Zeit, in der diese Wildnis zuerst von Menschen belebt wurde, entzieht sich der Berechnung. Wie weit sie aber zurückliegen muss, geht schon aus dem Alter der beiden Hauptwege der Gegend, der thüringisch-hessischen (späteren Leipzigerstrasse) und der Sälzerstrasse hervor. Jene, die von den nördlichen Ausläufern des Thüringerwaldes durch das Ulfe-, Wohre- und Lossethal zum Casseler Becken führte, bildete einst ein Glied in der Kette der grossen Völkerwege, auf denen vor Jahrtausenden der Zug nach dem Westen begann. Die Sälzer (d. h. Salz-)strasse lässt sich dagegen in ihrer ersten Anlage mit der Auffindung und Nutzbarmachung der Salzquellen bei Allendorf und Sooden in Verbindung bringen. Sie berührte zugleich geweihte Stätten des Landes, den Weissner, den Heiligenberg, den Büraberg.

Wie man annimmt, gehörten die ältesten, vereinzelten Bewohner der Gegend einem keltischen Volksstamme an, der ums vierte Jahrhundert vor Christi Geburt unsern Altvordern, den

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*) Der einzige noch stehende Thurm ist leider in den letzten Jahren immer schadhafter und baufälliger geworden und nicht mehr besteigbar. Wünschenswerth wäre es, wenn er baldigst einer gründlichen Ausbesserung — die freilich ziemlich kostspielig sein wird — unterzogen und so vor dem Untergange bewahrt würde.

 

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