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Landgrafen hier oben. Einer von ihnen, Ludwig II., hauchte am 5. November 1471 auf dem Schlosse seine Seele aus. Sein Ende erfolgte so plötzlich, dass damals vielfach angenommen wurde, es sei durch Gift herbeigeführt. 1486 wird das Schloss bei der Theilung des Landes zwischen Wilhelm I. und Wilhelm dem Mittleren erwähnt. Noch wurde es bewohnt. 1499 benutzte man die Gebäude bereits als Scheunen und zur Unterbringung der Jägerei. 1532 wurde noch die Brücke in Stand gesetzt. Im Testamente Philipps des Grossmüthigen von 1562 fehlt sein Name bereits. In der Zwischenzeit muss also der Verfall eingetreten sein.

Eine Abbildung in Meissners Schatzkästlein von 1607 zeigt noch stattliche Mauern. Dilich und Merian erzählen 1605 und 1646 die Burg sei in Abgang gekommen. 1697 waren die Thürme noch unversehrt, namentlich der grosse, ganz aus Quadern erbaute Hauptthurm. Der zweite (Süd-) Thurm stürzte am 12. December 1820 ein. Seitdem steht der alte Bergfried vereinsamt da. Auch seine Tage sind gezählt, wenn nicht in letzter Stunde noch etwas zu seiner Erhaltung geschieht. *)

Besitzer der Burgstätte sind gegenwärtig die Herren von Schenk zu Schweinsberg. Sie erwarben den Platz von einem Reichenbacher Bauern, nachdem der Staat den Ankauf abgelehnt hatte. Wie der Besitzer zu dem Eigenthumsrecht gekommen ist, ist unbekannt.

Nun noch einige Worte über die Geschichte von Hess.-Lichtenau.

Die Erbauung der Stadt fällt etwa ins Jahr 1284, in die Zeit nach Beendigung langjähriger Kämpfe zwischen Hessen und Mainz. Jedenfalls sollte durch die Stadt den hier oben kreuzenden Strassen eine bessere Deckung gewährt, ausserdem der nach Cassel führende Pass gesperrt werden. Das Land zu Hessen war damals eben noch kein geschlossenes Gebiet. Im Osten des Reichenbacher Amts sassen z. B. am Weissner die Grafen von Bilstein, südlich davon gehörte bis 1265 die Landschaft an der Werra zu Thüringen, und in Spangenberg hausten, als mainzische und Ziegenhainer Lehnsmänner die Ritter von Spangenberg und Treffurt.

Wahrscheinlich sollte die Stadt zuerst weiter östlich, etwa in der Höhe des Reichenbacher Schlosses, zwischen dem „alten Gerode“ und dem „Walberg“ angelegt werden. Nur so ist die auffallende Ortsbezeichnung „Walberc“ im ältesten Stadtsiegel (1289) zu erklären. Die Stadt hätte hier in der That eine freiere und beherrschendere Lage gehabt. Der ungünstige Untergrund vereitelte aber wohl die Ausführung des Vorhabens. Es musste ein neuer Bauplatz gesucht werden, und dieser fand sich nahe dem Schnittpunkte der Hauptstrassen bei dem Dorfe Vortriden, das zwar selbst zu versteckt lag, um zur Stadt erweitert zu werden, dessen Kirche (zu St. Kilian) aber schon seither den Mittelpunkt der näheren Umgebung gebildet hatte. Die Bewohner des Dorfes siedelten in die Stadt über, ebenso die der benachbarten Orte. Sie bildeten den

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*) Die Herren v. Schenk haben 200 M. zu Ausbesserungsarbeiten zugesagt, wenn noch von anderer Seite Beisteuern erfolgen. Vielleicht findet sich die hess. Ritterschaft u. a. dazu bereit. Die Bauern der Umgegend sind erbötig, die nöthigen Steine und Fuhren ohne Entgelt zu leisten.

 

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