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Wirksamkeit beider Männer liegt in den ersten Jahren nach den Ausbruch der Kirchenspaltung. Dem französischen Könige Karl V. lag es begreiflicher Weise sehr nahe, für den französischen Gegenpapst einzutreten. Im Widerspruch zu ihren anfänglichen Erklärungen über die Wahl des Italieners Urban VI. hatten die Kardinale französischer Herkunft zwei Monate nach der Wahl behauptet, dass Urban VI. seine Erhebung nur dem tumultuarischen Drucke des römischen Volkes verdanke. In Wahrheit empörten sie sich nur gegen den rauhen Reformeifer dieses Unteritalieners, der so gar nicht ihren Erwartungen entsprach und von einer Rückkehr nach Avignon durchaus nichts wissen wollte. Die nicht zu vereinbarenden Gegensätze führten zur Aufstellung des Gegenpapstes Klemens VII. Wer der rechtmässige Papst sei, war selbst den Herrschern Deutschlands und Frankreichs unklar. Am Ende entschied sich alle Welt nach nationalen Motiven. Das wurde verhängnissvoll für die Pariser Hochschule, die ja recht eigentlich ein internationales Institut war. Karl V. begehrte von ihr eine einmüthige Erklärung für den Gegenpapst von Avignon. Dem widerstrebten in erster Linie diejenigen Lehrer der Hochschule, welche aus dem Reiche, aus Deutschland stammten, denn Kaiser und Reich nahmen für den Papst zu Rom Partei. Die Frage hatte einen sehr materiellen Untergrund. Die Mitglieder der Universität lebten von den heimischen Pfründen, die ihnen die Gunst des Papstes bewilligte. Wie hätten also die deutschen Gelehrten sich für Klemens VII. erklären sollen, der in Deutschland nichts zu sagen hatte, mithin ihnen auch keine Pfründen gewähren konnte. Sie haben statt dessen eifrig für die Wiederherstellung der kirchlichen Einheit gewirkt. Heinrich von Langenstein suchte 1379 durch einen ersten Traktat den sogenannten „Friedensbrief“, die Hochschule zu weiterer Festhaltung der Neutralität zu bestimmen, aber diese Schrift, reich an sachlichen Angaben, blieb ohne Einfluss. Die Anschauungen des Verfassers waren noch nicht abgeklärt. Nur eine kleine Minderheit der Universität entzog sich der Anerkennung des Gegenpapstes. Nun aber finden wir im folgenden Jahre 1380 den König doch so weit unbefangen, dass er von Konrad von Gelnhausen sich mündlich und schriftlich im Sinne der Einberufung eines allgemeinen Konzils berathen lässt, also auf königliche Anregung schreibt Konrad im Mai 1380 seinen Eintrachtsbrief, in welchem er den Beweis lieferte, dass zur Beilegung des Schismas ein Generalkonzil möglich, nützlich und nothwendig sei. Aus dem Gedankeninhalt der Schrift heben wir zweierlei hervor: den sieghaften Nachweis der Superiorität der allgemeinen Kirche über die römische Partikularkirche, über Papst und Kardinäle. Nur die Gesammtheit der Gläubigen, vertreten durch das Generalkonzil, ist unfehlbar. Und sodann die praktische Folgerung: wenn das Herkommen dem Papste die Einberufung des allgemeinen Konzils zusprach, so ist doch durch die oben schon berührte Nothstandstheorie in dieses historische Recht eine Bresche zu legen. Der englische Franziskaner Occam hat einige Jahrzehnte früher für das Verhältniss von Staat und Kirche ein gegenseitiges Uebergreifen im Falle der Noth statuiert, so sehr er im Prinzip für eine reinliche Sonderung des Geistlichen und Weltlichen eingetreten war. In

 

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