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Dr. Martin Luther, der theologus optimus maximus, wie ihn Otto Melandcr nennt, ein besonderer Freund derber Schwänke und, wie seine Tischgespräche zeigen, auch ein vorzüglicher Erzähler derselben war. Jene furchtbar ernste Zeit des 16. und 17. Jahrhunderts bedurfte in der That starker Gaben und kräftiger Tränke, um dem Traurigen, Gewaltigen und Beunruhigenden, von dem jedes Jahr voll war, das Gleichgewicht zu halten. Erst die Gegenwart hat dieser humoristischen Richtung jener Zeit volle Gerechtigkeit widerfahren lassen, seitdem man angefangen hat, nicht blos Rohheit, sondern auch Geist und Kraft, nicht blos Wildheit und Schmutz, sondern auch echtes Talent und echt volkstümlichen Witz in den Erzeugnissen der Schwankliteratur zu finden.

Monatsversammlung am 24. Februar 1896. Herr Oberstlieutenant z. D. von Kropff hält auf Grund der im Casseler Stadtarchiv befindlichen Akten Vortrag über ‘Die Casseler Schützen’*).

Monatsversammlung am 30. März 1896. Herr Oberstlieutenant z. D. von Stamford trägt vor ‘Über den Feldzug des Drusus im Sigambrer-, Cherusker- und Chattenlande und die Schlacht bei Arbalo im Jahre 11 v. Chr. G.’**).

Unter den Feldzügen, die Drusus zur Unterwerfung Deutschlands unternahm, ist der des Jahres 11. v, Chr. der bedeutungsvollste, denn durch ihn wurde Germanien bis zur Weser fast gänzlich besiegt, und dem weiteren durch Anlage von Zwingburgen vorgearbeitet. Nach Cassius Dio, der die wesentlichsten Mittheilungen über den Feldzug bringt, setzte Drusus zu Anfang des Frühjahrs 11 wieder über den Rhein, unterwarf die Usipeter, schlug eine Brücke über die Lippe, fiel in das Land der Sigambrer und rückte durch dasselbe (unangefochten) bis an die Weser. Die Versuche auf Grund dieser und anderer noch knapperer Notizen die Richtung und den Verlauf des Zuges aufzuklären, waren vergeblich, weil man wie auch bei anderen Römerzügen, vornehmlich dem Varuszug, meist von, zum Theil unmöglichen Annahmen ausging und vorwiegend auf philologischem Wege zum Ziel kommen zu können meinte. Man liess ausser Acht, dass sich nur durch militärische Erwägungen an der Hand der Terrainuntersuchungen einem Feldzug im wesentlichen wieder nachoperiren lässt. — Es kann keine Frage sein, dass

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*) Der Vortrag erschien in etwas gekürzter Fassung im Hessenland, Jahrg. X. (1896.) Nr. 12—14.

**) Unser Auszug gründet sich auf einen vom Herrn Vortragenden eingesandten Bericht. Vergl auch die Besprechung des Vortrags durch Herrn Dr. Lange in der Casseler Allgemeinen Zeitung vom 2. April 1896; die Entgegnung des Herrn Oberstlieutenants von Stamford ebendas. in der Nr. vom 8. April; und die Erwiderung sowie das Schlusswort des Herrn Dr. L. bezw. des Herrn Oberstlieutenants v. St, in den Nummern vom 12. und 16. April 1896.

 

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