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Die wackere Frau hat demnach über ein halbes Jahrhundert hier gewirthschaftet.

Der Fürst fasste den Plan, die Moritzaue in einen Park mit regelmässiger Gestalt zu verwandeln, wozu der damals herrschende steife Geschmack den Anlass gegeben haben mag. Der Massstab des Grundrisses für den Park nöthigte über den Raum zwischen grosser und kleiner Fulda hinauszugreifen, wobei letztere abgedämmt, und das Fahrwasser des Hauptstromes gestärkt wurde. Der Lustgarten Landgraf Wilhelms IV. wurde durch seltene Bäume aus Italien verschönert, südlich desselben aber, als Grundlinie der neuen grossartigen Anlage das Orangerieschloss erbaut. Ueber dieses wie über die Parkanlagen berichtete der Frankfurter Schöffe, von Uffenbach, im Jahre 1709, eingehend mit grosser Bewunderung; er meldet hierbei u. a., dass 8 Pommeranzenbäume von ziemlicher Grosse und Höhe zusammen 1000 Thaler gekostet hätten.

Als der Zeitpunkt sich näherte, wo das Land ausserhalb der kleinen Fulda hinzugezogen werden musste, beauftragte Landgraf Carl den Obristen Carl von Hattenbach und den Obervogt Ludwig Horstmann mit dessen Erwerbung. Sie wählten 6 Greben und Schöffen aus Cassels Umgegend, liessen sie vor dem Amte ihrer Pflicht gegen den Landesfürsten entbinden und sodann einen Eid schwören, gewissenhaft die Ländereien abzuschätzen. Diese, im ganzen 107 Acker, wurden zu 46½ Thaler für den Acker im Durchschnitt geschätzt; ausserdem wurde die Kuhhute an der kleinen Fulda von der Stadt zur Aue gezogen, sowie eine frühere Hute, die Giesse, längs der grossen Fulda nach der neuen Mühle hin, abgetreten, wogegen der Stadt Befreiung von Einquartirung verheissen wurde (20. September 1711). Die Orangerie war 1720 vollendet, das Marmorbad 1728. Die grossartige Parkanlage empfing den Namen der Carlsaue.

Landgraf Wilhelm VIII der von 1730—1760 die Regierung führte, legte den Küchengarten auf der Westseite, den holländischen oder Obstgarten auf der Ostseite des Parkes an, vervollständigte die Dämme rings um die Aue und liess auch den oberen Theil der kleinen Fulda ausfüllen. Er bewohnte im Sommer das Orangerieschloss. Diesem wie überhaupt der Aue brachte der 7jährige Krieg Beschädigungen, da die Franzosen Jahre lang Cassel besetzt hielten. Landgraf Friedrich II. nahm erhebliche Aenderungen in der Carlsaue vor, im Sinne der Rokokozeit; er erbaute auch den östlichen Pavillon neben der Orangerie und bewohnte öfter dieses schöne Schloss zur Sommerszeit.

Sein Sohn Landgraf Wilhelm IX. hasste alles Französische und ging daran, die steifen Anlagen nach englischem Muster einzurichten. Doch war bei seinem Tode 1821 das nicht durchgeführt, und erst unter dem letzten Kurfürsten, Friedrich Wilhelm, hat der geniale Gartenkünstler Wilhelm Hentze, der seit 1822 die Aue unter sich hatte, sie in 42 jähriger Thätigkeit umgestaltet. Vor allem ist das Schmuckkästchen des Parkes, die Insel „Siebenberg“ hervorzuheben; die von Rechtswegen

 

 

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