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II) Der Zweigverein zu Marburg.

Der Mitgliederbestand hat sich im verflossenen Geschäftsjahre um 33 vermehrt. Den Vorstand bildeten die Herren: Geh. Archivrath Dr. Könnecke, Vorsitzender, Archivrath Dr. Reimer, Stellvertreter des Vorsitzenden, Bezirksconservator Dr. Bicke11, Konservator der Alterthumssammlung, Prof. Dr. Edw. Schröder und Prof. Dr. Wenck, Mitglieder des Redactionsausschusses. Aus den Vorträgen und Mittheilungen, die an 8 verschiedenen Versammlungen gehalten wurden, möge hier folgendes zur allgemeinen Kenntnis gelangen.

1. Am 11. April sprach Herr Geh. Ober-Justizrath Dr. Schultheiss über das hessische Sammthofgericht in Marburg, dessen Akten, soweit sie durch die Unbilden der Zeit hindurch sich in das Marburger Staatsarchiv gerettet haben, eine wichtige Quelle namentlich für die Geschichte oberhessischer Familien und Orte sind. Er führte aus:

Unmittelbar nach Vereinigung der im 15. Jahrhundert getrennten beiden Hessen begründete Landgraf Wilhelm II im Jahre 1500 nach dem Vorbilde des Reichskammergerichts als einer der ersten deutschen Landesfürsten das Hofgericht als höchstes Landesgericht. Durch dieses Hofgericht wurde das höchste Reichsgericht von hessischen Prozessen entlastet. Die Zusammensetzung des Gerichtshofes aus adeligen und gelehrten Beisitzern je zur Hälfte sei als eine Nachwirkung der Zusammensetzung der alten Volksgerichte zu betrachten. Immer mehr gewann natürlich im Laufe der Jahre das richterliche Element die Oberhand. Die Söhne Philipps des Grossmüthigen behielten, einer letzten Verfügung Philipps entsprechend, das Hofgericht als Sammthofgericht bei, von dessen Spruch an ein gemeinsames Revisions- oder Appellationsgericht oder auch an das Reichskammergericht Berufung eingelegt werden konnte. Erst die westphälische Zwischenzeit beendigte die Wirksamkeit des Sammthofgerichts. Das Sammtrevisionsgericht, das abwechselnd in Marburg und Giessen seine Sitzungen abhielt, hatte nur geringe Wirksamkeit.

Im Anschlusse hieran berichtete der Vorsitzende über die in der Bildung begriffene hessische historische Commission*).

2. In der Sitzung vom 18. Juni fanden zunächst die Vorstandswahlen statt (s. oben); auch erfolgte die

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*) Siehe hierüber Mittheilungen 1897 S. 15, 23 u. 24.

 

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