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Wir wollen noch kurz der Schicksale der Burg gedenken, ehe wir für heute von ihr Abschied nehmen. Seitdem Landgräfin Margarethe, die Gemahlin Hermanns des Gelehrten, der — wie schon erwähnt — das Amt Gudensberg zum Wittum bestellt war, mitten im eisigen Winter, am 16. Januar 1406, in ihrer Burgkemenate die Augen für immer geschlossen hatte, ist der landgräfliche Hof noch gar oft teils zum Vergnügen, teils aus ernsterem Anlass droben eingekehrt.

So weilte während der Fehden mit Mainz und Waldeck in den Jahren 1426 und 1427 Landgraf Ludwig I. fast ununterbrochen von Anfang November bis gegen Pfingsten mit einem Gefolge von 80 bis 300 Reisigen zu Gudensberg und leitete von hier aus Angriff und Verteidigung. An einem Tage, dem Mittwoch nach Oculi, bei dem es in den Gudensberger Amtsrechnungen heisst, dass in der Grafschaft Waldeck gebrannt wurde, steigerte sich die Zahl des Gefolges sogar auf 500 Berittene, ohne die Fussknechte. Es war dies die nämliche Fehde, welche nachher durch das Treffen bei Englis zur Entscheidung gebracht wurde, zu dem der Landgraf alles aufgeboten hatte, was nur einen Stecken zu tragen imstande war (d. 23. Juli 1427)118).

Nachdem Graf Gottfried von Leiningen, des Erzbischofs Neffe, die hiesige Gegend furchtbar verheert hatte, zog ihm Ludwig bis jenseits Fritzlar entgegen. Bei Englis traf er auf die Mainzer, und mit den Worten: „Heut Landgraf oder keiner, und wer ein getreuer Hesse sein will, der folge mir!“ warf er sich in die Feinde; 400 gesattelte Rosse und 200 Gefangene waren der Lohn des Sieges.

Später war es wohl die Jagd im Langenberge, welche Landgraf Ludwig wiederholt in unsern Mauern verweilen liess, so 1438 und 1444. Auch im Jahre 1455 war er zu sechs verschiedenen Malen da, bei welchen Gelegenheiten die Domherren von Fritzlar es sich nicht nehmen liessen, die Tafel ihres Schutzherrn mit dem berühmten Weine zu versehen, der damals noch am Galberge auf den Abhängen der Edder gedieh119). Auch jene berüchtigte Fehde zwischen Werner von Elben und seinem Anhang, denen von Grifte, von Hund u. a., einerseits und dem berühmten Ritter Reinhard dem Ungeborenen von Dalwigk und seinen Helfern Johann Meisenbug und Friedrich von Hertingshausen, andererseits liess den Landgrafen wiederholt in Gudensberg tagen, ohne dass er imstande gewesen wäre, den Gräueln Einhalt zu thun. Von 1242—1254 tobte diese Fehde. Das Elbensche Dorf Obervorschütz, das den Hunden gehörige Holzhausen gingen in Flammen auf; Friedrich von Hertingshausen wurde im Felde bei Dorla zum Krüppel gestochen; endlich ward Werner von Elben mit allen Klagpunkten abgewiesen und zum Schadenersatz verurteilt 120).

Auch nach den Rechnungen der nächstfolgenden Zeit bis gegen die Regierung Landgraf Ludwigs II. ist unsere Burg in bewohnbarem Stand erhalten worden und fortwährend zur Aufnahme der fürstlichen Familie eingerichtet gewesen, wenn sich auch Nachrichten eines wirklichen Aufenthaltes während dieser Zeit nicht nachweisen lassen. Noch im Jahre 1460 ward das

 

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