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Märzministerium es nicht verstand, neben Erfüllung der berechtigten Forderungen jener grossen Bewegung gleichzeitig die Autorität der Staatsgewalt überhaupt und des Landesherrn insbesondere aufrecht zu erhalten, so schwankte es haltlos hin und her und blieb nur aus dem Grunde so lange am Ruder, weil von gemässigter Seite Niemand, von reaktionärer aber noch Niemand Lust hatte, seine Erbschaft anzutreten. Der revolutionäre Theil der Bewegung erhielt unter den zerfahrenen Zuständen so viel Spielraum, dass zahlreiche durchaus nicht reaktionär gesinnte Leute eine Regierung herbeiwünschten, welche der Autorität wieder Geltung verschaffte. Mit dem Einzug des Ministers Hassenpflug am 22. Februar 1850 war diese Regierung wieder gefestigt, freilich aber auch eine neue Periode eines erbitterten Kampfes um die Verfassung für Hessen gekommen.

3. Monatsversammlung am 28. Noyember 1898. Nachdem der Herr Vorsitzende nochmals über Zweck und Einrichtung der wissenschaftlichen Unterhaltungsabende gesprochen hatte (s. o. S. 36) hielt Herr Dr. Schwarzkopf einen Vortrag über: „Die Garde-du-Corps-Nacht und die Erstürmung des Zeughauses zu Cassel am 9. April 1848“. Nachstehend geben wir den wesentlichsten Inhalt der Ausführungen *).

Als im Jahre 1848 an den Ufern der Seine der alte Schlachtruf des Umsturzes und der Revolution erschallte, fand derselbe in Deutschland vielfach ein zustimmendes Echo, und auch in Hessen hatten die revolutionären Ideen kräftige Wurzeln geschlagen, und die republikanische Saat war mächtig emporgeschossen.

Die spannendste Episode dieser Bewegung ist die sogenannte Gardeducorpsnacht, in welcher Nacht Mannschaften der Garde-du-Corps, der Lieblingstruppe des Kurfürsten auf friedliche Bürger einen Überfall machten und durch diesen grosse Erbitterung und weitere Unruhen hervorriefen. Zahlreiche Strassenexcesse hatten vorher bereits in Cassel stattgefunden und besonders waren es die sogenannten Katzenmusiken, die sich bei der radaulustigen und zur Ausschreitungen geneigten Jugend einer grossen Beliebtheit erfreuten.

Misliebige Staatsdiener und Officiere wurden besonders mit diesen, von einem fürchterlichen Lärm und groben Unfug begleiteten Demonstrationen bedacht. Die bessere Bürgerschaft und die Bürgergarde misbilligte diese Excesse ganz entschieden. Man fühlte sich indessen zu schwach, um energisch einzugreifen,

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*) Ein ausführlicher Bericht steht im Tageblatt und Anzeiger 1898, Nr. 334, 337, 338 und 339.

 

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