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mehr und mehr und schon die nächste Generation wird hier wie anderwärts Eigentümliches nicht mehr zeigen.

Am 22. Januar 1900 hielt Herr Pfarrer Dithmar einen Vortrag über „Die Aufnahme der Hugenotten und Waldenser in Hessen-Cassel unter Landgraf Carl.“ Nach dem 30jährigen Kriege war das Land so menschenarm, dass vom wirthschaftlichen Standpunkte aus betrachtet die Aufnahme der Flüchtlinge von grossem Vortheil für dasselbe war. Am 16. April 1685 erliess der Landgraf eine Proklamation, worin er „allen fremden nützlichen Handwerkern und Manufakturisten reformirter Confession, welche sich in Hessen anbauen und ihr Gewerbe treiben wollten, eine zehnjährige Freiheit von allen Lastungen, Schatzungen, Steuern, Kontributionen, Einquartirungen und Diensten“ versprach. Sie sollten das Recht haben, ihre eigenen Kirchen zu bauen und ihre Geistlichen und Lehrer selbst zu bestellen. Infolge dessen haben etwa 2000 Seelen eine bleibende Heimath in Hessen gefunden. Mancherlei Eigentümlichkeiten, besonders in der Sprache, haben sich erhalten, wie auch in einigen Landkolonien noch französische Psalmen und Volkslieder gesungen werden. Wir zählen in Niederhessen 16, in Oberhessen 8 französische Kolonien.

Hierauf brachte Herr Major Weschke im Auszug einen Original-Artikel in Westermann’s Monatsheft, November 99, „Hanauisch-Indien“ zur Kenntniss. Sehr amüsant ist der phantastische Versuch des regierenden Grafen Friedr. Casimir von Hanau (1641—1685), im heutigen französischen Guyana ein „Schlaraffenland“ sich zu erwerben. Der Vermittler war ein Dr. Becher, der dann auch 1669 dem Grafen einen Besitzbrief über 3000 Quadratmeilen Landes, das zwischen dem Orinoco und dem Amazonenstrom, von den „Hochvermögenden“ in Amsterdam ausgestellt, überbrachte — trotzdem er wusste, dass der arme kleine Graf „dies weit entlegene Indische Werk nie guberniren würde“ Um aber im ganzen deutschen Reiche auf die Rentabilität überseeischen Besitzes aufmerksam zu machen, liess Dr. Becher in Frankfurt a. M. ein Buch drucken, in dem er Indien beschrieb und die Mittel und Wege angab, das künftige „Neudeutschland“ zu kultiviren.

 

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