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handelt haben würden. In der darauf folgenden Nacht entfloh aber eine grosse Zahl, darunter auch mein Vater. Der letztere rückte zusammen mit etwa 10 Kameraden, die sämmtlich beritten und vollständig ausgerüstet und bewaffnet waren, aus. Ein Lehrer aus Herborn führte sie durch Gärten aus dem Orte, sodass sie von französischen Posten nicht bemerkt wurden*).

Die Fliehenden, die den unter ihnen befindlichen späteren Oberst Mauritius als Dienstältesten zu ihrem Commandeur bestimmt hatten, trafen schon am ersten oder zweiten Tage mit einer von einem Offizier befehligten französischen Cavalleriepatrouille zusammen. Mauritius erklärte dem Franzosen, dass er mit seiner Mannschaft in einem besonderen Auftrage des Königs Jérome reite, dass er aber nähere Aufklärung über diesen Auftrag weder geben könne noch wolle. Der Franzose liess zwar merken, dass er diesen Angaben nicht traue, wagte aber nicht mit seinen wenigen Leuten die Garde du corps anzugreifen, sondern ritt davon. Die letzteren sagten sich aber sofort, dass ihnen neue französische Truppen in grösserer Stärke auf den Hals rücken würden. Dies war auch thatsächlich der Fall und da ja damals die Russen rasch wieder von Cassel abrückten und die Franzosen wieder zurückkehrten, so war die kleine Truppe gezwungen, sich aufzulösen und mussten die Einzelnen sich durchzuschlagen suchen.

Mein Vater gelangte nach mancherlei Abenteuern mit einem Kameraden (Damm?) über Cassel und Veckerhagen in’s Hannoversche, wo beide bei der englisch-deutschen Legion eintraten.

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*) In der Schrift von v. Kaisenberg wird (S. 273 ff.) ein Brief des Garde du corps von K. mitgetheilt, in welchem dieser darüber Klage führt, dass in Herborn ein mit 2 völlig ausgerüsteten Pferden heimlich weggegangener Garde du corps ihm seinen Mantelsack mitgenommen habe, in dem ihm gehörige Privatsachen, namentlich auch eine Uhr, sich befunden haben. Unter den vorliegenden Umständen wird dem weggehenden Soldaten gewiss nicht verargt werden können, wenn er ihm fehlende Ausrüstungsstücke nahm, wo er sie zunächst fand. Dass er dabei auch Privatsachen mitgenommen, hat der Betreffende jedenfalls erst später auf der Flucht wahrgenommen. C’est la guerre!

 

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