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4. Monats-Versammlung am 10. März 1902, Abends 6 Uhr.*)

(Im kleinen Saale des Evangelischen Vereinshauses.)

Nach geschäftlichen Mittheilungen hielt der Vorsitzende, Herr General Eisentraut, Vortrag über: „Neue Forschungen auf dem Gebiete der Alterthumskunde in Hessen“.

Hessen war in der ältern Steinzeit jedenfalls nicht bewohnbar; man hat wenigstens bisher noch keine Funde gemacht, welche vermuthen lassen, dass Hessen damals menschliche Bewohner hatte. Dagegen haben wir zahlreiche und jährlich sich mehrende Spuren von menschlichen Wohnstätten aus der jüngern Steinzeit. Hier sind besonders die Gegenden an der untern Edder: Fritzlar, Züschen, Gudensberg, die Schwalmgegenden bei Nieder-Urf und Willingshausen und die Gegend bei Fulda zu nennen. Aus der Broncezeit sind in Hessen zahlreiche Gräber aufgedeckt, die vielfach in unmittelbarer Nähe der Grab- und Wohnstätten aus der jüngern Steinzeit liegen. Verhältnissmässig wenig ist bei uns die Hallstadt-Zeit vertreten.

Eingehend schildert Redner die von den Herren Dr. Böhlau und Vonderau gemachten Funde auf der Milseburg i. d. Rhön, deren Eisen-Werkzeuge und Waffen der La-Tène-Zeit angehören. Die Wohnstätten der Milseburg aus jener Zeit stehen jedenfalls in inniger Verbindung mit den grossartigen Befestigungen (Ringwällen) jenes Berges, die grosse Aehnlichkeit haben mit denen auf den Gleichbergen bei Römhild in Thüringen gefundenen. Wir besitzen in Hessen zahlreiche Ringwälle, die bisher wenig beachtet, meist überhaupt noch nicht bekannt waren, deren gründliche Erforschung aber seit 2 Jahren durch eine besondere Kommission in die Hand genommen ist. Wer waren die Erbauer dieser sonderbaren Befestigungen? Man schreibt ihre Anlage vielfach den Kelten zu. Für die Befestigungen bei Römhild scheint der keltische Ursprung jetzt festzustehen. Durch die Erforschung unserer hessischen Ringwälle kommen wir vielleicht der Beantwortung der Frage näher, ob und wo in Hessen keltische Stämme gewohnt haben.

Redner fordert auf zur thatkräftigen Unterstützung der auf Erforschung der alten Befestigungen in Hessen gerichteten Bestrebungen und schliesst mit einem Appell an die Bewohner Hessens: alle noch vorhandenen Spuren von Alterthümern, die im Lande vorhanden sind, sorgsam zu schützen und zu erhalten.

Zur Veranschaulichung des Vortrags waren zahlreiche Fundstücke von der Milseburg ausgelegt.

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*) Vergl. Kasseler Tageblatt und Anzeiger Nr. 116 u. 132 vom 11. u. 19. März 1902; Kasseler Allgemeine Zeitung Nr. 70 u. 77 vom 13. u. 18. März 1902.

 

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