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Landgrafen der nichts weniger als weitherzige Minister v. Fleckenbühl gen. Bürgel stand. Dieser allgemeinen Gefahr sollte die geheime Gesellschaft der XXII oder die Deutsche Union wehren. Ihre Stifter waren Bahrdt und Baldinger, in Marburg hatte sie deshalb besonders zahlreiche Anhänger. Reibungen zwischen Baldinger und der theologischen Fakultät waren an der Tagesordnung. Die schlimmste entstand über die Frage, ob neben der hergebrachten Philosophie Christian Wolffs auch die neue und sensationelle Immanuel Kants an der Universität zuzulassen sei. Dem Philosophen Bering war bereits 1786 vom Minister v. Fleckenbühl verboten worden, über Kant zu lesen. Als er das Verbot in der Weise umging, dass er in der Stipendiatenanstalt über Kantsche Thesen disputieren liess, kam es zu einem Eklat. Die Regierung verlangte von jedem Professor ein Separatvotum über seine Stellung zu Kant und zu dem vorliegenden Falle. Aus dem Gutachten des Theologen Endemann geht mit ziemlicher Sicherheit hervor, dass er den Kollegen Bering bei dem Minister v. Fleckenbühl denunziert hat. Daher bei Baldinger neue Wut gegen die Fakultät und sein Eifer, dieselbe durch Ausnutzung des Falles Winz und Verbreitung des Bahrdtschen Pamphlets nach Möglichkeit zu diskreditieren. Es handelte sich um eine Episode im Verzweiflungskampfe der Aufklärung gegen die kirchliche Reaktion am Vorabend des Wöllnerschen Ediktes. Begünstigt durch die Zeitverhältnisse hat die Baldingersche Richtung auch in Marburg gesiegt, wo in den 90er Jahren Kant und der Nationalismus ihren Einzug halten. Mit rund 1790 schliesst in Marburg die orthodox-reformierte Fakultät und beginnt die Geschichte der modernen Fakultät, die wieder wie in den Tagen Philipps des Grossmütigen konfessionell neutral ist und sich ausschliesslich von wissenschaftlichen Gesichtspunkten leiten lässt.

 

5. Sitzung vom 25. Februar 1903.

Herr Dr. Otto Grotefend sprach über Alraunaberglauben. Er machte zunächst aus einigen gedruckten und zum Teil illustrierten Werken des 17.

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