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4. Monatsversammlung am 29. Januar 1908.

Vortrag der Frau Regierungsrat Bramer: "Aus der Lahngegend. Erlebtes und Gehörtes".
Rednerin schilderte hauptsächlich Beschaffenheit, Sitten und Gebräuche des zwischen Marburg und Gießen an der Main-Weser-Bahn gelegenen Dorfes Fronhausen. Der Ort ist ein geschlossenes Dorf. Die Bauart der Bauernhöfe ist derart, daß Haus, Scheune und Stallung von drei Seiten den Hof umschließen, der an der vierten Seite durch Mauer und Tor von der Straße abgeschlossen ist. Die Wohnhäuser haben ein Erdgeschoß, ein Stockwerk und darüber den großen Bodenraum, an dessen beiden Giebelseiten je ein Gefach offen steht, um dem aufgespeicherten Getreide Luftdurchzug zu verschaffen. Da durch diese Öffnungen auch die Eulen auf ihrer Mäusejagd ein- und ausfliegen, wird eine solche Öffnung "das Auleloch" genannt. Die älteren Bauten sind Holzfachwerkbauten; die Füllungen sind in weißer oder blauer Wasserfarbe gemalt und tragen die Namen der Erbauer, während die Jahreszahl der Erbauung sich in dem Balken über der Tür befindet. Vielfach sind Sprüche, wie die folgenden, angebracht:

"Es tadelt's mir ein Mann, der's doch nicht besser kann;
Ja, tadeln und nicht besser machen, das sind fürwahr recht schlechte Sachen."

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"Laß die Neider neiden, die Hasser hassen,
Was mir Gott gönnt, das müssen sie mir lassen."

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"Wo sind denn die, die vor uns waren,
Und wo sind wir nach wenig Jahren?"

Die sehr alte Kirche mit eigenartigem Turm war durch Einbauten völlig entstellt. Neuerdings sind letztere entfernt und die alte Schönheit der Kirche ist wieder hergestellt worden. Diese vermeintliche Neuerung wurde aber von den kirchlich gesinntenEinwohnern Fronhausens gar nicht gern gesehen. Sie

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