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da, als Paar, der mir sagte, daß zur
Vermeidung etwaiger Beschwerden um die zu prüfenden Renterei-Rechnungen
gelost werde.
Ich sah mir die bereit liegenden Rechnungen von der Seite an und bemerkte,
daß 4 Stück etwa die Stärke der unserigen hatten, die
fünfte aber ein Exemplar von dreifacher Stärke war. Wenn dich
nur der Himmel vor diesem Ungetüm bewahrt, war mein Stoßseufzer.
Inzwischen erschienen auch meine 4 Kollegen, Both, Hader, Lenz und Jung,
und nun wurden die Rechnungen verlost. Wer das dicke Ungetüm erhielt,
war - ich. Es war die Hersfelder Rechnung und ich sah sie mir am ersten
Vormittag nur an; dann gings aber fleißig an die Arbeit und nach
10 Tagen war ich damit fertig; ich hatte 110 Bemerkungen gestellt. Nunmehr
erhielt ich schriftliche Ausarbeitungen, worunter eine schwierige Lehenssache
war. Diese waren in 2 Tagen erledigt. Am 18. Oktober erhielten wir die
schriftlichen Fragen, wobei die Uhr auf den Tisch gelegt wurde; auch
hierbei gings gut und am 19. Oktober legte ich meine Arbeiten mit Bericht
vor.
Bei den Abschiedsbesuchen empfing mich Oberfinanzrat Bechtel mit den
Worten: "Was, Sie sind schon fertig in der kurzen Zeit?",
worauf ich ihm erwiderte, ich hätte mir seine Lehre gemerkt. "Na,
wir werden ja später sehen!" war die Antwort. Gegenschreiber
Paar war sehr freundlich und sagte mir: "Wenn man aus dem Examen
nach Hause geht, nimmt man gern einen Trost mit; ich kann Ihnen nun
sagen, daß Sie, soweit ich Ihre Arbeiten bis jetzt durchgesehen
habe, gut bestanden haben." Wie sich später ergab, war es
auch so; Roth1) und ich erhielten "gut",
Mäder2) und Lenz3)
"befriedigend", Jung fiel durch.
Voll Freude gings nun nach Hause, dann über Zierenberg, wo ich
meine Verwandten besuchte, nach Hofgeismar. Es ging nun wieder alles
seinen alten
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1) Wurde als kgl.
Eisenbahnhauptkassenbuchhalter der Main-Weser-Bahn
in Kassel pensioniert.
2) Ist im Schmalkaldischen verkommen.
3) War 1866 kurf. Hauptstaatskassenbuchhalter,
dann überzähliger Beamter
der kgl. Regierung in Kassel.
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