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Apotheker Wagner1),
Ökonom Breidenbach und andere dazu.
Im Februar 1848 kamen die ersten Nachrichten von der Revolution in Frankreich.
"Da können sich die Husaren nach Luxemburg aufmachen",
hieß es allgemein. Denn daß die deutschen Truppen an die
Grenze rücken würden, nahm man als sicher an und dann waren
die kurhessischen Truppen zur Besatzung von Luxemburg bestimmt.
Als ich in den ersten Tagen des März eines Abends in die Kresssche
Wirtschaft trat, ging es dort lebhaft zu. Die Gesellschaft war schon
vollzählig versammelt und besprach die Adressen der Kasseler und
Hanauer Deputationen an den Kurfürsten2).
Im großen und ganzen waren wir damit einverstanden, wenn wir auch
die Art und Weise, wie die Hanauer aufgetreten waren, nicht billigten.
Wir beschlossen, uns die Entwicklung der Sache ruhig anzusehen und vor
allen Dingen dafür zu sorgen und darüber zu wachen, daß
in unserer Stadt selbst Ruhe und Ordnung erhalten blieben, zu welchem
Zwecke eine Aufforderung an den Stadtrat erlassen wurde, für alsbaldige
Wiedererrichtung der seit Jahren entschlafenen Bürgergarde zu sorgen.
- Der Rest des Abends wurde mit dem Absingen von Freiheitsliedern verbracht,
bei denen aber immer ein Teil der Anwesenden nur die Melodie und ein
anderer nur den Text kannte.
In merkwürdig kurzer Zeit war die Bürgergarde neu organisiert;
auch ich wurde dazu herangezogen und mußte dem Bürgermeister
Weiss durch Handschlag Treue und Gehorsam geloben. Die Bürgerwehr
bestand aus 2 Kompagnien, wovon die Altstadt die 1.,
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1) Später Apothekenbesitzer
in Hessisch-Lichtenau.
2) Am 6. März 1848 hatten Stadtrat
und Bürgerausschuß der Residenzstadt Kassel dem Kurfürsten
eine Petition überreicht, in der um Änderung der Regierung
im freiheitlichen Sinne gebeten wurde. Der Kurfürst sicherte in
einer Proklamation vom 7. März die Erfüllung des Wunsches
zu. Das genügte aber den Hanauern nicht, die am 8. März eine
Volkskommission wählten, die dem Kurfürsten ein förmliches
Ultimatum stellte. Am Abend des 11. März bewilligte der Kurfürst
alle Forderungen und berief das sog. Märzministerium Eberhard.