..

- 108 -

und nur auf die dringendsten Vorstellungen des Polizeidirektors Pfeiffer und mehrerer Minister von der Aufregung der Bürger und den blutigen Folgen, die aus einem Wortbruch entstehen könnten, soll er seinen Vorsatz geändert haben.

Nach des Magistrats Rückkunft wurde die Bürgerschaft sehr aufgebracht; es wurden die heftigsten Beschlüsse gefaßt, die sogleich ausgeführt werden sollten, und nur durch das dringendste Zureden der Magistratsmitglieder, den anderen Tag abzuwarten und zu sehen, ob Se. Königl. Hoheit Wort halten würden, konnte ein Aufschub erlangt werden.

Endlich brach der verhängnisvolle Tag, der 15. September, an. Ganz Kassel war in Bewegung, alles drängte zum Palais, um den Magistrat in Prozession ankommen zu sehen. Der Verfasser nahm förmlich von seiner Familie Abschied, da man wohl den Eintritt, nicht aber den Ausgang aus des Löwen Höhle wissen konnte.

Um 9 Uhr setzte man sich vom alten Rathaus aus auf dem Marktplatz1) in Bewegung. Der Zug ging unter dem Zuruf von Tausenden von Stimmen über den Marktplatz, am Museo vorbei in das kurfürstliche Palais am Friedrichsplatz. Hier wurden wir in den Ecksaal linker Hand an der Königstraße parterre geführt. Die Minister waren schon versammelt. Der Kurfürst war noch auf der Wilhelmshöhe und kam um ohngefähr 10 Uhr angefahren. Unterdessen hatte sich der Friedrichsplatz mit der Bevölkerung von Kassel angefüllt, da alle voll Erwartung waren, wie sich die zugesagte Audienz endigen würde. Bei Ankunft des Kurfürsten herrschte eine feierliche Stille, da war kein freudiger Zuruf, kein Jubel. Endlich erschien der Hoffourier und zeigte des Kurfürsten Ankunft an. Die Minister, Bürgermeister und Rat wurden in den sogenannten Fahnensaal, rechts parterre, geführt. Die Deputation bestand aus dem Bürgermeister Schomburg und den Magistratsmitgliedern Jaeckel2),

__________

1) Jetzt Altmarkt.

2) Siehe oben Seite 105.

 

..