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wäre sie nicht mit dem Leben davongekommen. Sie ist nie wieder nach Kassel zurückgekehrt und ist in Hanau verstorben. — Bei ihrer Vertreibung wurde auch Rache an verschiedenen fürstlichen Dienern ausgeübt und einige Fenster eingeworfen.

Daß durch des Kurfürsten Betragen die Liebe zu ihm nicht zunahm, läßt sich leicht denken; wo er sich blicken ließ, wurde er mit Verachtung behandelt, ja es ging soweit, daß ihn die Gassenjungen verhöhnten. Er mochte wohl fühlen, daß seines Bleibens in Kassel nicht mehr wäre. Unter dem Vorwand einer Reise ging er nach Hanau 1), ließ seine Kostbarkeiten nachkommen und kehrte nie wieder nach Kassel zurück. Er lebt jetzt (1845) in Hanau, Baden-Baden und Frankfurt a. M., amüsiert sich mit Spielen und Tabakrauchen und verzehrt das schöne hessische Geld der Zivilliste im Ausland. Nach der Kurfürstin Tod hat er die Reichenbach und nach deren Tod ein Fräulein von Berlepsch geheiratet.

Der Kurfürst war also nach Hanau abgereist. An Rückkunft war nicht zu denken. Der Kurprinz war Chef der Regierung. Der Landtag war zusammen und faßte wohltätige Gesetze ab, wie schon erwähnt worden ist. Wie es aber zu gehen pflegt: nicht ein jeder hat die Intelligenz eines konstitutionellen Lebens und der Egoismus ist im gegenwärtigen Zeitalter an der Tagesordnung. Viele Bürger versprachen sich nun ein goldenes Zeitalter, und da das nicht sogleich eintrat, und nicht eintreten konnte, so entstand wieder Mißvergnügen. Manche, die von des Kurfürsten Baulust Nutzen gezogen, wünschten ihn wieder zurück. Sie kamen bei den Landständen und beim Magistrat mit Bittschriften ein, daß man den Kurfürsten bitten möchte, wieder zurückzukommen. Auch die Stände selbst wünschten wohl seine Rückkunft, da sie bei Festsetzung der Zivilliste nicht bestimmt hatten, daß dieses Geld im Lande verzehrt würde, und sie nun sahen, daß das Ausland sich mit dem hessischen Gelde bereicherte. Es wurde deshalb beschlossen, eine Deputation aus der Mitte der Landstände und des Kasseler

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1) Am 10. März 1831.

 

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