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- 137 - bruchs [Ausbruchs] der Revolte von dem ahnen lassen, was geschehen
sollte, und so ging es allen gutgesinnten
hiesigen Einwohnern, welche nicht in den geheimen Bund der Verschworenen aufgenommen waren,
wie konte ich daher Vorkehrungen treffen oder Ew. Hochwohlgeb. Nachrichten
ertheilen, von denen ich und Niemand das geringste wußte. Meine häufigen
Amtsgeschäfte halten mich stets am Schreibtisch vom Morgen bis Abend
fest und mein mit der Noth ringender Polizeydiener geht nur mit dem
Gedanken um, wie er sich und die Seinigen vor dem Hunger schützen will.
Aus meiner Tasche habe ich ihm noch vor wenigen Tagen einen Thaler gegeben,
damit er sich einmal satt essen kann. Übrigens hält die Furcht vor den
Folgen in diesen stürmischen Zeiten die guten Bürger zurück, gefährliche
Menschen zu denunciren, und eine große Zahl der wirklich bösen Müßiggänger,
Söffer und Verbrecher sehnen sich nach dem Augenblick, wo es drunter
und drüber gehen soll. Um 5 Uhr Abends trat der Oberst von Dörnberg
auf, und hierdurch gewann die Sache
in den Augen der Verblendeten den höchsten Grad der Glaubwürdigkeit.
Er begab sich mit Martin zu dessen Vater, von da in das Stift u. s.
w. Um 6 Uhr erschien der Oberst von Marschall mit, wie man sagte, 120
Curassiers und 15 Franzosen vor dem Oberthor. — Man hörte, er wolle
den Insurgenten Widerstand leisten, allein er zog unverrichteter Sache
wieder ab, obgleich Dörnberg u. s. w. in seinen Händen war — Also schwankte
auch er bey einer Macht, die alles im Augenblick vereiteln
konnte, und immermehr wurde der Glaube an einen umfassenden Insurrektionsplan
hierdurch befestigt. — Um 7 Uhr wurde zum Abmarsch getrommelt und geblasen
— der Oberst Dörnberg rief den Leuten zu: .,folgt doch, Kinder!“ aber sie blieben stehen und wollten nicht
von der Stelle, bis sie von den Curassiern und den Anführern nach und
nach in den Gang gebracht wurden. Man verbreitete das Gerücht, die ganze
Gegend nach Marburg hin seye im Aufstand und in Cassel concentrire sich
die Insurrektion aus Hannover mit der aus Hessen. Es war unmöglich,
mit Sicherheit einen Boten an Ew. Hochwohlgeboren zu senden. Am 23.
erfuhr man das tragische Ende der Insurrektion bei der Baune. Hierdurch
war aber der Muth den Theilnehmern des Aufruhrs bey weitem noch nicht
benommen, sondern sie hofften, die Insurrektion in den übrigen Theilen
von Deutschland werde günstiger ausfallen und dann die in unserm Lande
gar bald wieder zur Folge haben. — Auf den armen Marschall wurde fürchterlich
geschimpft, weil man ihn als den Verräther der Pläne ansähe. Ich berichtete
dem Herrn Unterpräfekt Günther in der Kürze den Vorgang und habe auch
leider von ihm den Vorwurf gehört, warum ich dem Spectacel nicht zuvorgekommen,
welches, wie aus dem Vorhergehenden erhellet, doch unmöglich
war. In der Nacht vom 23. zum 24. sandte ich den Diener Schenck, da
ich wegen der Ruhe in Oberhessen immer noch nicht sicher war, mit einem
Begleiter und Bericht an den Herrn Kriegsminister und bath um Schonung
und Gnade für die große Zahl der irregeführten Unterthanen. Den 24ten
war ich mit Besetzung der Wachen, Sicherheitsvorschriften für die Gemeinden,
invigiliren auf die Urheber des Aufstands, Ablieferung der Ge- [Gewehre] |
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