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bruchs [Ausbruchs] der Revolte von dem ahnen lassen, was geschehen sollte, und so ging es allen gutgesinnten hiesigen Einwohnern, welche nicht in den geheimen Bund der Verschworenen aufgenommen waren, wie konte ich daher Vorkehrungen treffen oder Ew. Hochwohlgeb. Nachrichten ertheilen, von denen ich und Niemand das geringste wußte. Meine häufigen Amtsgeschäfte halten mich stets am Schreibtisch vom Morgen bis Abend fest und mein mit der Noth ringender Polizeydiener geht nur mit dem Gedanken um, wie er sich und die Seinigen vor dem Hunger schützen will. Aus meiner Tasche habe ich ihm noch vor wenigen Tagen einen Thaler gegeben, damit er sich einmal satt essen kann. Übrigens hält die Furcht vor den Folgen in diesen stürmischen Zeiten die guten Bürger zurück, gefährliche Menschen zu denunciren, und eine große Zahl der wirklich bösen Müßiggänger, Söffer und Verbrecher sehnen sich nach dem Augenblick, wo es drunter und drüber gehen soll. Um 5 Uhr Abends trat der Oberst von Dörnberg auf, und hierdurch gewann die Sache in den Augen der Verblendeten den höchsten Grad der Glaubwürdigkeit. Er begab sich mit Martin zu dessen Vater, von da in das Stift u. s. w. Um 6 Uhr erschien der Oberst von Marschall mit, wie man sagte, 120 Curassiers und 15 Franzosen vor dem Oberthor. — Man hörte, er wolle den Insurgenten Widerstand leisten, allein er zog unverrichteter Sache wieder ab, obgleich Dörnberg u. s. w. in seinen Händen war — Also schwankte auch er bey einer Macht, die alles im Augenblick vereiteln konnte, und immermehr wurde der Glaube an einen umfassenden Insurrektionsplan hierdurch befestigt. — Um 7 Uhr wurde zum Abmarsch getrommelt und geblasen — der Oberst Dörnberg rief den Leuten zu: .,folgt doch, Kinder!“ aber sie blieben stehen und wollten nicht von der Stelle, bis sie von den Curassiern und den Anführern nach und nach in den Gang gebracht wurden. Man verbreitete das Gerücht, die ganze Gegend nach Marburg hin seye im Aufstand und in Cassel concentrire sich die Insurrektion aus Hannover mit der aus Hessen. Es war unmöglich, mit Sicherheit einen Boten an Ew. Hochwohlgeboren zu senden. Am 23. erfuhr man das tragische Ende der Insurrektion bei der Baune. Hierdurch war aber der Muth den Theilnehmern des Aufruhrs bey weitem noch nicht benommen, sondern sie hofften, die Insurrektion in den übrigen Theilen von Deutschland werde günstiger ausfallen und dann die in unserm Lande gar bald wieder zur Folge haben. — Auf den armen Marschall wurde fürchterlich geschimpft, weil man ihn als den Verräther der Pläne ansähe. Ich berichtete dem Herrn Unterpräfekt Günther in der Kürze den Vorgang und habe auch leider von ihm den Vorwurf gehört, warum ich dem Spectacel nicht zuvorgekommen, welches, wie aus dem Vorhergehenden erhellet, doch unmöglich war. In der Nacht vom 23. zum 24. sandte ich den Diener Schenck, da ich wegen der Ruhe in Oberhessen immer noch nicht sicher war, mit einem Begleiter und Bericht an den Herrn Kriegsminister und bath um Schonung und Gnade für die große Zahl der irregeführten Unterthanen. Den 24ten war ich mit Besetzung der Wachen, Sicherheitsvorschriften für die Gemeinden, invigiliren auf die Urheber des Aufstands, Ablieferung der Ge- [Gewehre]

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