vorherige Seite  -  zurück  -  nächste Seite

 
 

..

— 75 —

1866 die Gewerbefreiheit eingeführt wurde. Auch in der Umgebung von Hünfeld haben zünftige Verbände bestanden, so in Burghaun und in den Ämtern Fürsteneck und Bieberstein. Der Redner streifte zum Schlusse noch kurz das Fuldaer Zunftwesen sowie die großartig organisierte hessische Glaserzunft und zeigte mehrere alte Zunftprivilege vor, die von den Anwesenden mit Interesse besichtigt wurden. Unter lebhaftem Beifall der Versammlung dankte der Vorsitzende dem Redner für seine belehrenden Ausführungen.

An dem zweiten Geschichtsabend am 15. Dezember 1911 hielt Rechtsanwalt Backhaus einen interessanten Vortrag über „die Entwicklung des deutschen insbesondere des fuldaischen Bauernstandes“. Zur Zeit Cae sars, dem wir die ältesten Nachrichten über die wirtschaftlichen Verhältnisse unserer Vorfahren verdanken, gab es, so legte der Redner dar, bei den Germanen noch keinen Bauernstand. Es herrschte Weidewirt schaft, und der Grund und Boden war Gemeingut. Bald nach Caesars Zeit findet der Übergang zum Acker bau statt; es bildete sich in Germanien allmählich ein Bauernstand; denn das Ackerland ging zunächst in Sondernutzung, dann in Sondereigentum über. Neben dem Sondereigentum blieb aber die gemeine Mark oder die Allmende erhalten. In den Wirren der Völker wanderung verschwindet der Bauernstand wieder. Zu einer Neubildung kam es zunächst nicht wieder; die Frankenkönige betrachteten alles eroberte Land als ihr Eigentum, die Bewohner desselben als Leibeigene. Der Frankenkönig Karlmann schenkte einen Teil des Buchenlandes, unserer Heimat, dem hl. Bonifatius für sein Kloster Fulda und mit dem Lande auch seine Be wohner, deren Zahl damals sehr klein war. Es herrschte infolgedessen im Gebiete des Klosters Fulda Leibeigen schaft. Etwa im 12. Jahrhundert tritt das sog. Laßsystem ein. Die Grundherren überließen die Güter den bisherigen Leibeigenen gegen Entrichtung eines Laßzinses auf Lebenszeit. Im 16. Jahrhundert sehen wir infolge des Bauernkrieges den Übergang zum Ver erbungssystem. Die Güter wurden jetzt den Bauern erblich überlassen dergestalt, die sie ein wahres, nütz- [nützliches]

 

..

 
 
vorherige Seite  -  zurück  -  nächste Seite