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[Feindseligkeiten] seligkeiten zwischen Österreich und Preußen zur sofortigen Besetzung Hessens durch die Preußen, zur Abführung des Kurfürsten in die Gefangenschaft nach Stettin, zum Untergang des Kurstaates und zu seiner Einverleibung in das Königreich Preußen führte.

Der zweite Geschichtsabend, der am 29. November 1912 stattfand, führte in der retrospektiven Betrachtung der Geschichte des Kurfürstentums Hessen im 19. Jahrhundert einen Schritt weiter. P. Superior Dr. Pietsch vom hiesigen Oblatenkloster sprach über „Die hessischen Verfassungskämpfe im 19. Jahrhundert“, deren Verlauf das Interesse desjenigen, der sich mit hessischer Geschichte befaßt, stets in hohem Grade erregt. Nachdem der Redner auf die ständischen Verfassungen im alten deutschen Reiche und in einzelnen deutschen Landesteilen kurz hingewiesen und das Wesen der landesständischen Verfassung in Hessen bis zur Napoleonischen Zeit gekennzeichnet, schilderte er die Verfassungskämpfe unter den letzten hessischen Fürsten, die einen so erbitterten Charakter annahmen und sehr lange, eigentlich bis zum Untergange des hessischen Staates dauerten. Eingehend wurden die Verhandlungen der durch Abgeordnete und Vertreter des Bauernstandes erweiterten Landtage von 1815 und 1816 und die dem Kurfürsten Wilhelm I. unterbreiteten Desiderien, insbesondere nach Feststellung des Staatsvermögens und Erlaß einer Konstitution besprochen. Der Kurfürst erließ zwar eine Verfassung, aber nur als Hausgesetz, womit man nicht zufrieden war. Unter seinem Nachfolger, der sich um die Landstände gar nicht kümmerte, sie 10 Jahre lang nicht einberief und ohne irgendwelche Mitwirkung ihrerseits regierte, wurde die Erbitterung über diese Willkürherrschaft im Volke so groß, daß er sich schließlich zur Annahme der Verfassung von 1831 verstehen mußte. Der Redner besprach dann die Regierungszeit des letzten Kurfürsten Friedrich Wilhelm und die fortwährenden Streitigkeiten zwischen ihm und den Ständen, die ministerielle Tätigkeit Hassenpflugs, die Aufhebung der Verfassung von 1831 und das wiederholte Eingreifen des Deutschen Bundestags. Es war

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