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Russen gingen nun unter Trommelschlag auf der Leipziger Straße vor und griffen die Kompagnien an, die sich hinter den Siechenhof und die Leisterschen Wiesen zurückgezogen hatten und nun zum größten Teil „ziemlich bereitwillig“ die Waffen streckten; der Rest zog sich in eiliger Flucht zum Leipziger Tor zurück. Die Öffnung des Tors benutzten eine Anzahl Kasseler Bürger, die vor dem Tor zu tun gehabt hatten und ausgesperrt waren, um mit den Soldaten wieder in die Stadt zu gelangen. Auch des Redners Großvater, der Tuchmachermeister Johannes Woringer, war am frühen Morgen nach dem Siechenhof gewandert. Als er, von den Wiesen hinter dem Siechenhof kommend, das Tor geschlossen sah, kroch er unter die Bettelbrücke, von wo aus er dann mit den fliehenden Westfalen in die Stadt kam. Auf der Bettelbrücke und sogar darunter lagen viele Waffen, die von westfälischen Truppen fortgeworfen waren, und er nahm sich zum Andenken eine russische Kanonenkugel und einen westfälischen Ladestock mit. (Beide Stücke lagen während des Vortrages auf.)

Nunmehr wurde die Fuldabrücke mit Mistwagen verrammelt und hinter diesen, sowie auf dem Altmarkt Militär aufgestellt, das auch den Stadtbau und die der Brücke gegenüberliegenden Häuser besetzte. Die Russen beschossen nun das Leipziger Tor und die Stadtmauer und konnten schon nach wenigen Augenblicken eindringen. Es war gegen 10 Uhr vormittags. Sie besetzten das Kastell, ließen die Gefangenen frei und beschossen nun die Brücke, indes die Bürger der Altstadt anfingen, für sie Partei zu ergreifen und das Militär hinter der Wagenburg zu entwaffnen. Plötzlich aber stellten die Russen ihr Feuer ein und verließen die Unterneustadt. Inzwischen hatten Kosaken bei der Neuen Mühle die Fulda durchritten und waren mit vorgeschickten Gardehusaren zusammengestoßen, von denen sie wieder zurückgetrieben wurden. Nunmehr rückte der König mit einem Teil der Truppen bis Niederzwehren, um hier am Warteküppel den Anmarsch des Korps des westfälischen Generals v. Bastineller zu erwarten, der Tschernitscheff gefolgt war.

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