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mußte, führte bis auf 1½ - 2 Kilometer an die Stadt Hanau heran durch einen dichten Wald; zwischen dem Waldrand und der Stadt floß die damals stark angeschwollene Kinzig, über die nur zwei im Osten und im Nordosten der Stadt liegende, ungefähr 3—3½ Kilometer von einander entfernte Brücken hinüberführten. Hier hatte Wrede seine Truppen derart aufgestellt, daß sie durch den Lauf der Kinzig in zwei Teile zerrissen wurden, die nicht einmal in der Lage waren, einander nötigenfalls Hilfe zu bringen; denn dazu mußten sie unter allen Umständen die enge Lamboi-Brücke überschreiten, wo ein energisches Vorgehen des Gegners leicht die ernstesten Schwierigkeiten bereiten konnte. Außerdem gestattete der dichte Lamboi-Wald das unbemerkte Heranrücken der französischen Truppen bis hart an die bayerische Stellung und vergrößerte die gefährliche Lage durch die Möglichkeit überraschender Angriffe auf den einen oder anderen Flügel. Dazu waren Wredes Truppen durch den anstrengenden Anmarsch ermüdet, während auf französischer Seite die erprobtesten Truppen, die sich der Bedeutung des Kampfes wohl bewußt waren, die Kaiserliche Garde unter Napoleons eigener Führung, fochten. So ist es begreiflich, daß der Ausgang der Erwartung nicht entsprach und daß Wrede, um einen modernen Ausdruck zu gebrauchen, nicht mehr als einen „Achtungserfolg“ zu erringen vermochte.

Es konnte nicht ausbleiben, daß ihm daraufhin von der späteren Kritik die schärfste Verurteilung zuteil wurde. Daß andererseits bald Schriften erschienen, die der Verherrlichung Wredes dienten, konnte die unbefangene Beurteilung nicht wesentlich fördern. Erst in neuerer Zeit hat man angefangen, Gründe und Gegengründe sorgsam abzuwägen und damit zu einer sachlichen Auffassung zu gelangen. Die Unhaltbarkeit der Behauptung, Wrede seien die eigentlichen militärischen Führereigenschaften abgegangen, zumal er doch auch von Haus aus nicht zum Soldaten bestimmt war, widerlegte Redner durch ein ausführliches Eingehen auf die bisherigen, durchaus bemerkenswerten Leistungen des Fürsten auf verschiedenen Kriegsschau- [Kriegsschauplätzen]

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