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heim [daheim]; er, der Kleinbürger, hatte ein philiströses Ideal vor sich und dachte in seinem schlichten Gemüt nicht daran, daß man solche Frauen auch minniglich begehren könne. Anders der Ritter, der galante Kavalier vom Kasseler Hofe. Er wird vielleicht auch Frauen kennen gelernt haben, die in der Liebe freier waren, und hat wohl auch einen Einblick tun dürfen in die verschwiegenen Frauenzimmer. Er sagt: „Frauen gehen in köstlichem Samt und seidenen Röcken mit ihren köstlichen gülden Brust und Aermeln gestickt und belegt mit Perlen und anderem Edelgestein, auch auf dem Kopf fein geschmückt; selten findet man eine, die ihr Haar natürlich schön und lang habe, sie tragen als gemachte und Totenhaare, das machen sie schön gelb und kraus und binden es auf dem Kopfe zu Häuf, wie man in deutschen Landen einem Pferde den Schwanz aufbindet, und das krause Haar lassen sie über die Ohren abhängen, wie die Männer anzusehen. Vorn sind die Haare schön, hintenzu kohlschwarz. Auch mag ich sagen, daß ich zwar an Weibern keine schändlichere Kleidung gesehen habe und ausgeschnitten, daß man hinten bis auf den halben Rücken hinab, desgleichen vorne bis unter die Brust sehen kann. Tragen dann hölzerne Schuh, die sind hoch etliche einer, etliche zweier, Spannen hoch, daß sie nicht drauf gehen können, sind mit Samt oder scharlachem Tuch überzogen. Hat jede ihre Magd, daran sie sich halten, wäre sonsten nicht möglich, daß sie darauf gehen könnten, und welche die höchsten haben mag, die dünket sich am besten. Auch ist ihre Art, daß sie sich anstreichen und ihr Angesichte malen, doch sind sie viel lieblichere, davon ich nicht ferner sagen will.“ Aus diesen Zeilen leuchtet hervor, daß Schachten wohl lieber „dankbar und verschwiegen“ war, also die ihm gebotene Gelegenheit, derartige Studien zu machen, verschwieg. Drei Monate nach der Abreise aus Kassel war man so weit, in Venedig den Anker zu lichten. Unterwegs kam das Schiff einmal in Gefahr, mit Korsaren in Berührung zu kommen. In Zara hatten die Reisenden Gelegenheit, einen Brautlauf zu sehen, wobei der Braut "Weizen über den Kopf ge- [geworfen]

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