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worfen [geworfen] wurde, ein Brauch, wie er auch heute noch — noch kürzlich bei der Vermählung der Kaisertochter — geübt wird und lediglich ein Fruchtbarkeitssymbol bedeutet. In Ragusa sah man die ersten Türken. Großen Eindruck machte das Spital auf Rhodus, eine wahre Musteranstalt der damaligen Zeit, für die jährlich 10000 Dukaten aufgewandt wurden. Am 25. Juni war man endlich an der Küste des heiligen Landes angekommen, mußte aber noch vierzehn Tage, während welcher Zeit fünf von den Pilgern starben, vor Jaffa liegen, bis der Statthalter von Jerusalem das Geleite schickte. Über die Reise im heiligen Land selbst ist wenig zu berichten, das Tagebuch ist hier gefüllt von religiösen Erwähnungen. Die Unterkunftsverhältnisse in der heiligen Stadt waren geradezu erbärmlich. Überall wurden den Pilgern Kontributionen auferlegt. Selbst um schnöden Gewinn konnte man sich in Jerusalem zum Ritter vom heiligen Grabe schlagen lassen. Auch der Landgraf machte von diesem Ritterschlage Gebrauch. Die Rückreise machte man auf demselben Wege, bewunderte die Fruchtbarkeit auf Cypern, machte ein heftiges Erdbeben mit, besah in Bari das Grab des hl. Nikolaus und zu Otranto das vermeintliche Grab des Ahnen, Ludwig des Heiligen. Am 4. Dezember, einem Sonntag, traf man in Neapel ein, wo man auf Einladung König Ferdinands bis zum 13. Dezember verweilte, allerhand Festlichkeiten mitmachte, durch den berüchtigten Tunnel im Posilippo zur Jagd zog und reich beschenkt wurde. In sehr kleinen Tagemärschen gings dann weiter bis Rom, wo man am 19. Dezember anlangte und von den Hessen Nagel und Meister Konrad Thone aus Grebenstein, die ihnen entgegen geritten waren, empfangen wurde. Hier schenkte Papst Innozenz VIII. dem Landgrafen jenes wertvolle Schwert, das noch jetzt einen kostbaren Besitz unseres Landesmuseums bildet. Ausnahmsweise wurde ihnen auch das Schweißtuch der hl. Veronika gezeigt. Alle diese Bevorzugungen erregten bei den Botschaftern der Könige von Frankreich und Schottland großen Verdruß. Am Montag nach Neujahr schied man aus Rom. In Venedig machte man eine Sitzung

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