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offizielle Schritte gegen sein neues Auftreten den Wiener Hof, an dem er auch von früher her Gönner hatte, in Verlegenheit zu setzen. Die leise Hoffnung, die man in Kassel hegte, durch diese Schonung eher zur Wiedererlangung der veruntreuten Gelder zu kommen, scheint sich nicht erfüllt zu haben; darüber ist wenigstens ebensowenig wie über des Grafen spätere Lebensschicksale etwas bekannt. — Bei den Hörern und den zahlreichen Hörerinnen erregte die romanhafte Laufbahn dieses Abenteuerers, dessen Bildnis ihn als einen schönen Kavalier zeigte, sichtlich lebhaftes Interesse; die überaus knappe, bisweilen unbillig verkürzte Besoldung mochte in der Tat Oeynhausen in etwas entschuldigen.

 

6. Vor zahlreicher Zuhörerschaft sprach am Dienstag, den 10. März 1914, im kleinen Stadtsaale Herr Dr. phil. Neuber über „den Marburger Plastiker der Spätgotik Ludwig Juppe“ in zweistündigem Vortrage unter Vorführung zahlreicher Lichtbilder. Dieser -Künstler, dessen Bedeutung zuerst Carl Justi (1885) gewürdigt hat, und dessen Stellung im Marburger Kunstleben dann von Dr. Küch mehrfach unter weiteren Nachweisen von Werken und Lebensdaten besprochen ist, bedeutet in der Kunst Marburgs am Ende des 15. und in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts einen Aufschwung, für den aber die vorangegangene Periode in Marburg selbst keine rechte Anknüpfung, keine Tradition bot. Juppe war Marburger, einer hiesiegen [hiesigen] Familie entstammend; nach den nicht allzuspärlichen urkundlichen Überlieferungen ist er gegen 1460 geboren und 1537 gestorben; bestimmt bezeugt sind mehrere noch erhaltene Arbeiten: 1496 seine Mitarbeit an dem Grabstein der Landgräfin Anna geb. Gräfin von Catzenelnbogen, 1516 das Alabastergrabmal Landgraf Wilhelms II., 1523 die Madonna für Wehrshausen und 1524 das Elisabethrelief über dem Rathausportal. Von diesen sicher beglaubigten Arbeiten ausgehend, besprach der Vortragende das gesamte Werk Juppes, erläuterte die historischen und stilistischen Gründe, die eine zweifellose Zuweisung an den Künstler

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