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lassen, das sich auf dem der Stadt zugewendeten Ende der Aueinsel erhob. Ganz den weitgehenden Plänen des Landgrafen Karl entsprach es, dieses bescheidene Lusthaus, ein einflügeliges, mit vier Ecktürmen versehenes Landschlößchen, durch eine jener prächtigen Bauanlagen zu ersetzen, wie sie die üppige Zeit des Barock an den Fürstenhöfen Italiens, Frankreichs und Deutschlands entstehen ließ. An Stelle des Moritzheims erhob sich die Orangerie, ein langgezogener Galeriebau mit zwei in den Vordergrund gerückten, getrennt stehenden Eckpavillons, ein wirksamer Abschluß des erheblich vergrößerten und mit allen gärtnerischen Kunststücken ihrer Zeit versehenen Parks. So harmonisch uns die Verbindung dieses glanzvollen Architekturstückes mit den später in englische Form gebrachten Garten- und Baumanlagen auch scheinen will, so wenig mußte sie in der vorliegenden Fassung den Zeitgenossen Ludwigs XIV. genügen. Zu einer regelrechten Gartenschloß-Anlage fehlte der Aue das Hauptstück, das Schloß. Die Orangerie konnte nur als der Abschluß des Parkes aufgefaßt werden und war auch zweifellos nur als solcher gedacht. Wenn der Hauptbau nicht zur Ausführung kam, so lag das lediglich daran, daß die Mittel fehlten, was kein Wunder ist, wenn man bedenkt, welche Summen die Wasserkünste am Habichtswalde verschlungen hatten. Es ist auffallend, daß wir über die Bauten und Gartenanlagen Karls in der Aue nicht eine Rechnung besitzen, und durchaus glaubhaft klingt es, daß der Landgraf die Belege verbrannt hat, die seinen Nachfolgern Auskunft über die Beträge gegeben hätten, die er seiner Liebhaberei opferte. Trotz Mangels aller Akten sind wir indessen in der Lage, vollkommen klar zu sehen, was der prachtliebende Fürst vorhatte. Das Staatsarchiv zu Marburg bewahrt eine ganze Reihe von Plänen zu einem Schloßbau auf, der nur für die Aue in Betracht kommt und seinen Platz etwa dort erhalten sollte, wo jetzt das Bassin sich befindet. Diese Pläne übertreffen an Ausdehnung und Formenaufwand alles, was jemals in Hessen entstanden ist. Auch insofern bedeuten sie etwas höchst Eigenartiges, als die einen gewaltigen

 

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