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gänge [Eingänge], das „Seelentor“, durch das die Leichen hereingebracht wurden, und das „Hochzeitstor", durch das die Hochzeitszüge eintraten, die das andere Tor scheuten. Nachdem Bürgermeister Arend hierüber in fesselnder Rede sich verbreitet hatte, wies Bezirkskonservator Baurat Dr. Holtmeyer darauf hin, daß auch der Kirchturm ein Wehrturm sei, wie die darin angebrachten Schießscharten bewiesen. Die Spitze des spätromanischen Turms sei jedenfalls früher an den Ecken mit Pechnasen versehen gewesen. Der Turm habe ursprünglich die volle Breite des Kirchbaues eingenommen. Die für die Gemeinde zu klein gewordene Kirche sei dann später durch einen über den Turm seitwärts hinausreichenden Neubau ersetzt worden.

Im Saale einer der Dorfwirtschaften nahm man dann den Kaffee ein, wobei Bürgermeister Arend eine Anzahl auf dem neben dem oben erwähnten Garten befindlichen neuen Totenhof ausgegrabener Gegenstände (eine aus Holz geschnitzte Hand, mehrere alte Sporen und anderes Eisenzeug) vorzeigte, sowie einen silbernen, vergoldeten Abendmahlskelch aus der Dorfkirche vorwies, der von Baurat Dr. Holtmeyer näher gewürdigt wurde. Er stammt, wie nach Angabe des Bibliotheksdirektors Prof. Dr. Brunner anzunehmen, aus der Werkstatt des Kasseler Goldschmieds Ries. Bürgermeister Arend berichtete sodann über die Entstehung des Spitznamens ,,Eselskitzler“ für die Einwohner des Dorfes Körle und wies darauf hin, daß der darüber im Schwange befindlichen Erzählung1) wohl eine geschichtliche Tatsache zugrunde liege, weil die Körler bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts eine besondere Abgabe, „Eselszins“ oder „Kitzelgeld“ genannt, hätten zur Staatskasse entrichten müssen. Die weiter berichteten sagenhaften Erklärungen der Ortsnamen der von Körle fuldaabwärts gelegenen Dörfer sind augenscheinlich, neuerer Entstehung und mehr scherzhafter Art. Bürgermeister Arend erntete für seinen äußerst interessanten Vortrag lebhaften Beifall.

Man trat nun den Weitermarsch im Fuldatal an,

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1) Abgedruckt im „Hessischen Jahrbuch für 1854“, Seite 248.

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