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[Lotterberge] berge gelegen habe, verlegte sie vielmehr innerhalb des Dorfes, wies im einzelnen ihre genaue Lage nach und gab dem Wunsche Ausdruck, daß auch in anderen hessischen Orten die Lage der alten Burgen wieder aufgefunden werden möchte1). — Kantor Horwitz gab sodann einen eingehenden Überblick über Leben und Wirken des früheren Kasseler Seminardirektors, Dr. Moses Büdinger, der 1784 in Mardorf, Kreis Kirchhain, geboren wurde. Der sehr begabte Knabe wuchs in größter Dürftigkeit auf, kam 13jährig zu einem Viehhändler in die Lehre, entfloh heimlich, war dann längere Zeit, zuletzt im hessischen Naumburg, als Privatlehrer tätig und besuchte von 1815 an die Universität Marburg, wo er durch seine Professoren, besonders Justi, freundlichste Förderung erfuhr. Dann war er in der Familie Mosenthals in Kassel und später bei dem Hofbankier Kaulla in Stuttgart Hauslehrer und wirkte schon damals für die innere Emanzipation seiner Glaubensgenossen. Durch das Gesetz von 1816 wurde Kurhessen der erste Staat, der die Errichtung öffentlicher jüdischer Schulen erlaubte, wofür Büdinger nun aufs eifrigste eintrat. Er gab u. a. eine kleine Schulbibel heraus, ein Meisterwerk von Klarheit und Gemütstiefe, die fast 60 Jahre in Hessen und anderen Provinzen als Schulbuch diente. Nach dem Tode des Rabbiners Josaphat, des Vaters Reuters, übernahm er die Rabbinatsgeschäfte. Seine in der Gesellschaft „Humanität“ gehaltenen Vorträge sind z. T. gedruckt. Büdinger, der 1827 Marburger Ehrendoktor wurde, hat dann als Schulleiter und Seminardirektor bahnbrechend gewirkt. 1841 befiel ihn, als er von einem Besuche des Lesemuseums heimkehrte, ein Schlaganfall, dem er erlag. — Privatmann Wentzell verlas einen Brief aus dem Besitze des Oberleutnants Bunsen, der sich eingehend über die Gardedukorpsnacht von 1831 ausläßt, Rechnungsdirektor Woringer ein von einem Ausländer 1856 verfaßtes Gedicht auf den letzten Kurfürsten und Studienrat Dr. Knatz einen damals weit verbreiteten parodistischen Briefwechsel zwischen König Ludwig I. von Bayern und dem Kurfürsten von Hessen.

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1) Der Vortrag ist vollständig abgedruckt im „Hessenland“, 1919, S. 41.

 

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