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Wechsel war auf drei Gegebenheiten zurückzuführen: Erstens auf die 1870 erfolgte Verlegung der kurhessischen Archive von Kassel und anderen Orten nach Marburg; zweitens auf die seitdem, aber unabhängig davon in Marburg begonnene Sammlung hessischer Altertümer und drittens auf die 1897 in Marburg begründete Historische Kommission für Hessen und Waldeck.
Den tiefsten Einschnitt in der Vereinsgeschichte bedeutete die Errichtung des hessischen Staatsarchivs auf dem Marburger Schloß. Schon von den vier Männern, die den Verein 1834 in Kassel begründeten, waren zwei Archivare und zugleich von Beginn an die führenden Geister der neuen Vereinigung: Romme l, der Verfasser der großen Geschichte von Hessen, der als erster Vorsitzender den Verein ein Vierteljahrhundert lang von 1834-59 geführt hat, und ihn überragend, das geistige Haupt des Vereins, L a n d a u, der, wie es noch in der Festschrift zum 50.Stiftungstag des Vereins 1884 heißt, bis an seinen Tod, mehr als 30 Jahre hindurch, die Seele der Bestrebungen des Vereins war. Im Marburger Zweigverein entwickelte sich eine ähnliche Lage, denn nachdem ihm in 40 Jahren sieben verschiedene Vorsitzende verschiedenster Berufe und Möglichkeiten vorgestanden hatten, übernahmen 1878 die Marburger Archivare die Vereinsleitung und hatten sie mit einer kurzen Unterbrechung 44 Jahre lang von 1878 bis 1922 inne. Der am längsten in der ganzen Vereinsgeschichte amtierende Vorsitzende war Archivdirektor Könnecke, der den Verein 28 Jahre von 1878-1906 führte. Er bewirkte aber nicht nur eine lebhafte Aktivierung des Vereinslebens, sondern schuf durch seine eigentliche Lebensleistung, den Aufbau des Marburger Archivs zum bedeutendsten preußischen Provinzialarchiv, überhaupt erst die Möglichkeiten für den großartigen Einstieg in die landesgeschichtlichen Forschungen, wie er in den Jahrzehnten um die letzte Jahrhundertwende erfolgte.
Für den Verein hatte das allerdings eine sicherlich weder beabsichtigte noch zunächst überhaupt bedachte Folge. Mit dieser neuen Grundlegung landesgeschichtlicher Arbeit verlor er mehr und mehr seine ursprüngliche Bedeutung als alleiniges landesgeschichtliches Forschungszentraum [Forschungszentrum]. Zwar blieb seine Zeitschrift nach wie vor das führende Organ landesgeschichtlicher Studien - und gerade um die Jahrhundertwende war sie auf eine vorher unerreichte und danach nie wieder erreichte Höhe gestiegen - aber für größere Vorhaben, wie sie nunmehr allenthalben in den großen landesgeschichtlichen Quellenpublikationen anstanden, reichten weder die Mittel noch die wissenschaftlichen Möglichkeiten des Vereins aus. Er hatte zwar schon seit den 80er Jahren in dieser Richtung zielende Pläne und Vorhaben entwickelt und auch schon z.T. eingeleitet, sah sich aber aus den genannten Gründen dann doch nicht imstande, sie verwirklichen zu können.
So trat 1897 in Marburg nach dem Vorbild anderer Länder die Historische Kommission für Hessen und Waldeck selbständig und unabhängig von den ähnlichen, aber vergeblichen Vereinsbestrebungen ins Leben, aber sie hat - und das wollen wir dankbar festhalten - den Kontakt zum Verein nie verloren. Das ergab sich schon aus der personellen Situation. Denn von den 10 Gründungsmitgliedern kamen sechs aus dem Geschichtsverein und von der gesamten Kommissionsleitung, den seitherigen 6 Vorsitzenden, 10 Schatzmeistern und 8 Schriftführern, waren alle Mitglieder des Vereins, davon der eigentliche Gründer der Historischen Kommission, Goswin Freiherr v.d. R o p p, seit 1909 Ehrenmitglied, eine Auszeichnung, die auch mehreren anderen Vorstandsmitgliedern der Kommission zuteil geworden ist. Wir werden davon noch sprechen. Von dieser Gruppe führender Kommissionsangehöriger, zu der Persönlichkeiten wie Küch, Reimer, Dersch, Stengel, Rosenfeld oder Gutbier zählten, waren außerdem die Archivdirektoren Könnecke und Knetsch und die Archivräte Rosenfeld und Gutbier langjährige Vorsitzende des Marburger Zweigvereins für hessische Geschichte. Dieser Verbund ist in den letzten Jahrzehnten noch enger geworden, denn der Schriftführer der Kommission von 1963-68, Bibliotheksdirektor v. Both, war von 1955-57 Vorsitzender unseres Hauptvereins und wurde darin 1957 abgelöst von Prof. Heinemeyer, der das Amt des Vereinsvorsitzenden bis 1967 führte, zugleich aber schon von 1953-63 als Schriftführer der Kommission deren tragende Kraft war, seit 1963


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